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Bauliche Barrierefreiheit aus Sicht der Ergotherapie

Ergotherapeut*innen beraten Architekt*innen, Stadtplaner*innen und Institutionen im Hinblick auf größtmögliche bauliche Barrierefreiheit. Dabei geht es vor allem um einen differenzierten Blick, denn es gibt nicht „den Menschen mit Behinderung“ und Bedürfnisse und Bedarfe sind sehr divers. „Aus der Erfahrung wissen wir, dass diese unterschiedlichen Bedürfnisse zum Beispiel in der Umsetzung von baulicher Barrierefreiheit oft zu großen Herausforderungen führen. So gibt es neben möglichen körperlichen Behinderungen auch Seh- und Hörbehinderungen zu bedenken. In der Praxis zeigt sich oft einseitig gedachte, geplante und umgesetzte bauliche Barrierefreiheit.“ benennt Marion Hackl, Präsidentin von Ergotherapie Austria, einen Aspekt, der oftmals vergessen wird. Eine bauliche Barrierefreiheit für Menschen mit Gehbehinderung, die mit Hilfsmitteln wie Rollator, Rollstuhl oder Gehstock mobil sind, stellt für Menschen mit Sehbehinderung teilweise viele Herausforderungen dar oder verhindert sogar den Zugang. „Gerade auch bei neu gebauten Gebäuden sehen wir das Problem oft. Es werden Maßnahmen wie ein ebenerdiger Zugang, breite Gänge, großer Aufzüge, viele Sitzgelegenheiten, automatische Schiebetüren, usw. umgesetzt. Aber wie kann sich hier eine Person mit Sehbehinderung orientieren, wenn es weder taktile, noch farbliche, kontrastreiche Leitsysteme an Wand und Boden als Orientierungshilfe gibt und Informationen nicht in Brailleschrift zur Verfügung stehen?“ beschreibt Christina Wagner, eine Ergotherapeutin aus Wien ihre Erfahrung. „Eine bauliche Barrierefreiheit sollte Menschen mit Geh-, Seh- und Hörbehinderungen berücksichtigen und bedeutet viel mehr als ein ebenerdiger Zugang in ein Gebäude!“

Selbsterfahrung

 Um den Blickwinkel auf Barrierefreiheit zu verändern und die Architekt*innen und Stadtplaner*innen bezüglich Hindernissen, Hürden und Barrieren zu sensibilisieren, empfiehlt Ergotherapie Austria eine mehrstündige Selbsterfahrung im Alltag mit Rollstuhl, Rollator, Gehhilfe und speziellen Brillen. Eine solche Erfahrung ist zum Beispiel auch Teil der ergotherapeutischen Ausbildung und Ergotherapeut*innen in der Praxis nutzen solche Selbsterfahrungen ebenfalls immer wieder, um den Blickwinkel verändern zu können und die Perspektive zu erweitern.