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Anlässlich der Veröffentlichung der Master-Thesis „Sind Schlichtungen ein erfolgreiches Instrument zur Durchsetzung von Anliegen bei Behindertendiskriminierung?“ hat behindertenarbeit.at mit dem Autor Martin Ladstätter über das BGStG und das Thema Schlichtung gesprochen.

Martin Ladstätter ist langjähriger Obmann des Vereins BIZEPS und Experte in Sachen Gleichstellung und Barrierefreiheit. Das Thema „Schlichtung“ begleitet ihn nun bereits seit 20 Jahren. Ladstätter war schon bei der Gesetzwerdung des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes (BGStG) dabei.

In diesem Gesetz ist auch die Schlichtung festgeschrieben, die vom Sozialministeriumservice durchgeführt wird. Ein Schlichtungsverfahren muss stattfinden, bevor ein gerichtliches Verfahren wegen einer Diskriminierung durchgeführt werden kann. Das Schlichtungsverfahren soll dazu führen, dass ohne Gerichtsverfahren beiderseitig einvernehmliche Lösungen gefunden werden. Es bringt jedoch keine rechtsverbindliche Verpflichtung mit sich, die Diskriminierung zu beseitigen.

Gute und schlechte Erfahrungen

Ladstätter, der selbst bei rund 250 Schlichtungen unterstützend dabei gewesen ist, sieht Schlichtungsverfahren als Chance für Unternehmen, etwas dazuzulernen. „Es ist immer wieder schön zu sehen, dass bei Schlichtungsverfahren jenseits der individuellen Verbesserung Unternehmen auch grundsätzlich ihre Handlungsweisen überdenken. In solchen Fällen können Schlichtungsverfahren wirklich sehr viel bewirken“, so Ladstätter. Dies habe vor allem bei großen Firmen (z.B. ÖBB oder ORF) oftmals Auswirkungen auf die nachhaltige Verbesserung der Barrierefreiheit ihres Waren- und Dienstleistungsangebots.

Es gibt aber auch die andere Seite, wie Ladstätter ausführt: „Wirklich nervig ist es, wenn ein Unternehmen immer wieder dieselben Diskriminierungen setzt. Oder auch wenn Unternehmen wie beispielsweise die Wiener Linien den Wert von Schlichtungsverfahren nicht erkennen wollen.“

ADA als Vorbild

Vor wenigen Tagen wurde 30 Jahre Antidiskriminierungsgesetz (ADA) in den USA gefeiert. Viele Experten sehen das ADA als Vorbild in Sachen Behindertengleichstellung, so auch Ladstätter. Bei der Gesetzwerdung des BGStG wurde auch auf das ADA geschaut, Ladstätter stellt aber fest, „dass wir in Österreich ein viel schlechteres Gesetz bekommen haben als in den USA erkämpft wurde.“ Im Vergleich zu Deutschland sei das Gesetz in Österreich allerdings besser, weil in Deutschland Unternehmen nicht verpflichtet seien, ihre Angebote diskriminierungsfrei zu gestalten.

Instrumente des BGStG könnten mehr genutzt werden

Auf die Frage, ob es beim Behindertengleichstellungsgesetz in den nächsten Jahren substantielle Verbesserungen geben könnte, meint Ladstätter: „Ein Ergebnis meiner wissenschaftlichen Arbeit ist, dass manche Gruppen die derzeitigen Instrumente gar nicht nutzen beziehungsweise mangels fehlender Unterstützung nutzen können. Ein noch so gutes Gesetz hilft nichts, wenn es niemand nutzt.“ Ladstätter plädiert dafür, die Nutzung des bestehenden Gesetzes zu verstärken. Verbessert werden muss das BGStG aber auch, beispielsweise im Bereich der Klagemöglichkeiten.

Infos zur Broschüre

In der 100-seitigen Broschüre „Sind Schlichtungen ein erfolgreiches Instrument zur Durchsetzung von Anliegen bei Behindertendiskriminierung?“ von BIZEPS wird aufgezeigt, wie es zu der nun geltenden gesetzlichen Regelung im BGStG kam. Es wird erläutert, wie Schlichtungen in der Praxis funktionieren und wer ihre Einleitung beantragen kann. Ergänzend wird dargelegt, welche alternativen Regelungen bei Schlichtungsverfahren in die Verhandlungen eingebracht, aber schlussendlich wieder verworfen wurden.

Link zur Bestellmöglichkeit
[BIZEPS.or.at – BIZEPS-Broschüre „Sind Schlichtungen ein erfolgreiches Instrument bei Diskriminierung?“]

Dieser Beitrag erschien zuerst auf behindertenarbeit.at am 29.07.2020. Mit freundlicher Genehmigung von behindertenarbeit.at