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Wie Landwirtschaft und Pflege kombiniert werden können, zeigt der Betrieb von Renate und Gottfried Pointner

Handwerklich tätig war Hans sein ganzes Leben lang. Sobald der 72 – jährige Pensionist irgendwo anpacken kann, tut er es mit Begeisterung. Daran änderte auch die Demenzerkrankung nichts, die bei Hans vor ein paar Jahren auftrat. „Er ist unheimlich geschickt, er mäht bei uns am Hof den Rasen-so exakt wie der Hans bekommt das keiner hin“, sagt Renate Pointner. Hans ist einer der Gäste im Tageszentrum für Senioren auf dem Bauernhof von Renate und Gottfried Pointner in Windhaag bei Freistadt. Während Gottfried für die Bewirtschaftung des Hofs und die Verpflegung der Rinder und Ziegen zuständig ist, betreut die diplomierte Krankenpflegerin seit 2016 in einem renovierten Zubau drei – mal wöchentlich eine Gruppe von bis zu zwölf Pensionisten. Mit der Errichtung eines Tageszentrums für Senioren auf dem Land habe sich Pointner schon lange beschäftigt. Als zusätzliche Verdienstmöglichkeit neben der Viehzucht sei es für sie reizvoll gewesen, da sie diplomierte Fachkraft für Tiergestützte Intervention ist. „Ich habe mehr als dreißig Jahre in öffentlichen Pflegeeinrichtungen gearbeitet, was mir dort gefehlt hat, war der Bezug zur Natur“, sagt Pointner. Natur gibt es auf dem 36 Hektar großen Hofareal genug. „Wir ernten zusammen Erdäpfel und Gemüse oder haben Besuch von Albin oder Herkules.“ Albin und Herkules, das sind zwei Alpaka-Männchen, die auf dem Hof des Ehepaars leben. Mehrmals pro Woche werden beide aus den Stallungen in den Garten der Tagesgruppe geholt. „Die Tiere haben eine beruhigende Wirkung auf Menschen und sind zutraulich“, sagt Pointner. Gegen ein Büschel Gras lassen die zwei Alpakas auch gerne ausgiebige Streicheleinheiten über sich ergehen. Die Jungtiere sind noch schüchtern, beobachten das Geschehen jedoch interessiert aus der Ferne.

„Fühle mich hier daheim“

Die Ansprüche und Bedürfnisse der Senioren im Tageszentrum könnten unterschiedlicher nicht sein. Manche sitzen im Rollstuhl und brauchen Hilfe beim Essen, andere haben durch einen Schlaganfall die Fähigkeit zu sprechen verloren. Vorbeikommen könne grundsätzlich gegen einen angepassten Tagessatz jeder, „egal ob er oder sie Pflegestufe null oder sieben hat“. „Einige unserer Gäste sind an Demenz erkrankt, andere kommen, weil sie zu Hause alleine wären und die Gesellschaft der anderen schätzen“, sagt Pointner. So etwa auch Margarete aus Bad Leonfelden, die seit Dezember das Tageszentrum besucht. „Ich fühle mich hier einfach ein bisschen daheim“, sagt „Greti“. Ihre Kinder würden sie zwar oft besuchen kommen, „aber sie können auch nicht immer da sein“. In der Tagesbetreuung hätte Greti wieder die Freude am Kochen entdeckt. „Für mich alleine zu kochen, war mir immer ein bisschen zu fad, hier probieren wir jeden Tag neue Rezepte.“ Zu Mittag gibt es etwa Hollerkrapfen, dazu Salat aus dem Gemüsegarten. Genauso wie die anderen Gäste ist Margarete auch bei den spielerischen Gedächtnistrainings dabei. Diese seien laut Renate Pointner ein Fixpunkt im täglichen Ablauf. „Auch wenn es gegen Demenz noch keine Heilung gibt, kann man mit Übungen und Bewegung präventiv entgegenwirken“, sagt die 48-Jährige. Vor dem Tageszentrum gibt es zusätzlich einen „Garten der Sinne“, der speziell für die grob- und feinmotorischen Bedürfnisse von Demenzerkrankten errichtet wurde. Für Gäste, die noch gut zu Fuß sind, organisiert Renate Pointner auch Wanderungen in den nahe gelegenen Wald. „Wir sehen bei vielen unserer Gäste einen enormen Bewegungsdrang, da ist unser Hof optimal.“ Gerade die Männer würden auch bei Stallarbeiten wie Ausmisten mitanpacken. „Das taugt ihnen immer“, berichtet Pointner.

Mittel gegen Abwanderung

Die Kombination von Landwirtschaft und Pflege wie auf dem Bauernhof von Renate und Gottfried Pointner könne laut Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger für Unschlüssige Hofnachfolger eine Lösung sein. Die zusätzliche Verdienstmöglichkeit würde gerade kleine Betriebe entlasten. Zudem würden im ländlichen Raum die notwendigen Pflegeleistungen „noch immer zu einem großen Teil ausschließlich“ von Familienmitgliedern erbracht. Tageszentren würden Angehörige entlasten und damit weitere Abwanderungen verhindern .


Quelle: OÖ Nachrichten