Direkt zum Inhalt

Attest der Hausärztin reicht für Familienministerium nicht aus – Familie spricht von „Schikane“

Familie G. hat sich an die OÖNachrichten gewandt. Für ihre Tochter, die seit der Geburt beeinträchtigt ist und mit einem privaten Busunternehmen zur Schule gebracht wird, hat sie ein Attest von der Hausärztin, wonach das Kind vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) im Schulbus befreit sei. Der Grund: Sie hat einen hohen Speichelfluss – die Maske wäre nach der einstündigen Fahrt zur Schule quer durch einen Mühlviertler Bezirk bei der Ankunft völlig durchnässt. Das Tragen eines Gesichtsvisiers komme für das Mädchen ebenfalls nicht infrage.

Nun wurde die Familie jedoch vom Busunternehmen darüber informiert, dass dieses Attest nicht gültig sei, da es „nur“ von der Hausärztin komme. Laut einem Schreiben der Wirtschaftskammer, die sich auf das Finanzamt als Auftraggeber der Freifahrten beruft, dürfe das private Busunternehmen das Kind ohne zusätzliches Attest des Schul- oder Amtsarztes nicht mehr transportieren. Warum das Attest der Hausärztin nicht reicht, darüber erhielt die Familie in mehreren Gesprächen mit den Behörden keine Auskunft. Auch auf mehrmalige Nachfrage der OÖN gab es aus dem zuständigen Ministerium für Arbeit, Familie und Jugend keine Erklärung dazu, lediglich die Antwort, dass auch ein Gesichtsvisier reiche.

Dies sei dem Kind, so die Mutter, nicht zuzumuten. „Das ist schon eine Schikane. Ein Attest von der Schulärztin gilt, das von der Hausärztin nicht. Für uns heißt das aber: Wieder zum Arzt, wieder warten, wieder bezahlen. Das ist ja kein Spaß. Arzt sollte doch Arzt sein“, sagt die Mutter, die diesen bürokratischen Zwischenschritt nicht verstehen kann.

„Attest vom Hausarzt reicht“

Unverständnis löst die Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Familie und Jugend, wonach lediglich Amts- und Schularzt dieses Attest ausstellen dürfen, aber nicht nur bei der Familie aus, sondern auch beim Sozialministerium. Von dort heißt es auf OÖN-Anfrage: „… aus Sicht der COVID-19-Maßnahmenverordnung ist ein ärztliches Attest von einem Hausarzt völlig ausreichend.“ Zwar seien Menschen mit Beeinträchtigung laut Sozialministerium nicht per se von der Maskenpflicht ausgenommen, da dies wiederum eine Diskriminierung darstellen würde, doch könne die Unzumutbarkeit des Mund-Nasen-Schutzes laut Aussendung vom 4.Mai durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden. Dies sei auch mit dem Innenministerium abgestimmt.

 Auch bei der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) kann man diese Verordnung nicht verstehen: „Wir wüssten nicht, warum dieses Attest vom Hausarzt nicht gelten sollte.”

Die Wirtschaftskammer Oberösterreich zeigte sich ausgesprochen bemüht und hat mit dem Busunternehmen, der Familie sowie dem Finanzamt Rücksprache gehalten. Das Ergebnis: „Schade, wir hätten gehofft, dass es eine kulante Lösung gibt, aber von Seiten des Finanzamtes wurden wir und das Busunternehmen erneut auf die Verordnung des Ministeriums für Arbeit, Familie und Jugend hingewiesen, dass lediglich ein Attest von Amts- oder Schularzt gültig sei.“

Am Ende bleibt: erneut zum Arzt

Wie viele beeinträchtigte Schülerinnen und Schüler davon betroffen sind, darüber gibt es beim Finanzamt keine Aufzeichnungen. Es seien rund 300 private Busunternehmen gelistet, wer wie viele Kinder mit Beeinträchtigung transportiere, sei laut Finanzamt schwer anzuheben.

Am Ende blieb Familie G. nur eines übrig: Erneut die Tochter zum Arzt zu bringen, um erneut ein Attest einzuholen. Diesmal von der Schulärztin – diesmal gilt es.

Quelle:OÖNachrichten