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Ein Test, der schon in der Schwangerschaft verrät, ob das Ungeborene behindert ist, sorgt in Deutschland für Kontroversen. Der Fotograf Fabian Sixtus Körner hat ein Buch geschrieben, wie seine Tochter sein Leben verändert hat.

Berlin. Soll die Krankenkasse einen Bluttest zahlen, mit dem schon während der Schwangerschaft bestimmt werden kann, ob ein ungeborenes Baby das Down-Syndrom hat? Darüber wird in Deutschland intensiv diskutiert.

Würde die Kassenleistung dazu führen, dass noch mehr werdende Eltern sich für eine Abtreibung entscheiden, wenn ihr ungeborenes Baby Trisomie 21 hat? Was bedeutet das für Menschen mit Down-Syndrom und ihre Angehörigen? Wie lebt es sich mit einem behinderten Kind?

Darüber hat die “Wiener Zeitung” mit Fabian Sixtus Körner gesprochen. Der 37-Jährige reiste jahrelang als Designer, Fotograf und Filmemacher um die Welt. Sein Buch “Journeyman” wurde zum Bestseller. Vor zweieinhalb Jahren wurde Körner Vater. Seine Tochter Yanti hat das Down-Syndrom. Wie sie sein Leben verändert, beschreibt der Berliner im Buch “Mit anderen Augen. Wie ich durch meine Tochter lernte, die Welt neu zu sehen.”

“Wiener Zeitung”: Herr Körner, soll der Trisomie-21-Bluttest Kassenleistung werden?

Fabian Sixtus Körner: Schwierige Frage! Zunächst geht es um das Recht auf Information für werdende Eltern. Der ähnliche, aber weitaus gefährlichere Eingriff der Fruchtwasseruntersuchung ist schon lange Kassenleistung. Einen ungefährlichen und günstigeren Bluttest nun Menschen vorzuenthalten, die ihn sich nicht leisten können, passt nicht zu unserem Sozialstaat.

Genaue Zahlen gibt es in Deutschland nicht, aber Pränatalmediziner glauben, dass sich neun von zehn Schwangeren gegen ein Trisomie-21-Kind entscheiden. Der Bundesverband niedergelassener Pränatalmediziner warnt, dass der gesellschaftliche Druck zur Abtreibung durch den Test weiter steigen würde. Sollte er verboten werden?

Dass durch den Bluttest auf Kassenleistung die Schwangerschaftsabbrüche nach positiver Trisomie-Diagnose ansteigen, ist nur eine Vermutung – wenn auch eine berechtigte. Meines Erachtens spielt der Bluttest aber nur eine untergeordnete Rolle. Die Falschinformationen zu einem Leben mit Down-Syndrom, die schon in der Frauenarztpraxis beginnen, sind für mich einer der Hauptgründe, warum sich Eltern gegen ein Kind mit Trisomie 21 entscheiden. Und natürlich die generelle Beurteilung innerhalb unserer Gesellschaft: Behinderung ist gleich schlecht.

Also sind nicht Pränataltests, sondern der gesellschaftliche Umgang mit Behinderung das Problem?

Genau! Die Tests gibt es, weil Bedarf besteht, und dieser Bedarf gründet auf der Annahme, dass es zu vermeiden gilt, einen Menschen mit Behinderung in die Welt zu setzen. Es wäre Symptombehandlung, den Test als Kassenleistung zu verbieten. Das setzt aber nicht an der Ursache des Problems an – der tief verwurzelten Ablehnung in unserer Gesellschaft gegenüber allem, was nicht der Norm entspricht. Auch wenn es länger dauert und möglicherweise erfolglos bleibt, sehe ich den richtigen Weg darin, das Bild von Menschen mit Behinderung zum Positiven zu verändern.

Quelle: Wiener Zeitung