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Der Zugang zu Kommunikations-Hilfsmitteln (man denke an Videokonferenz-Tools …) ist für uns alle wichtiger geworden in Zeiten von „Physical Distancing.

Doch was für viele Menschen in Österreich glücklicherweise selbstverständlich ist: einen PC zu haben, Internet zu haben, Videokonferenzen, nutzen zu können etc., ist für 63.000 Menschen in Österreich nicht selbstverständlich. Sie brauchen aufgrund ihrer Sprachbehinderungen „besondere“ technische Hilfsmittel. 

Manche von ihnen brauchen zum Beispiel ein Gerät, das ihnen die Lautsprache – ihre „Stimme“ –  ersetzt (sogenannte „Sprach-Ausgabegeräte“), manche brauchen „nur“ ein passendes PC-Eingabegerät um über den PC mit anderen in Kontakt treten zu können.

Rechtsanspruch auf technische Hilfsmittel für Menschen mit Sprachbehinderungen weiterhin ausständig

Deshalb fordern Diakonie und VERBUND gemeinsam seit über 10 Jahren einen Rechtsanspruch auf technische Hilfsmittel für Menschen mit Sprachbehinderungen. Doch dieser ist weiterhin ausständig.

„Immer noch fehlt in Österreich der Rechtsanspruch auf technische Sprach-Unterstützung. Das bedeutet für betroffene Kinder und Erwachsene, dass sie ihre dringendsten Bedürfnisse nicht äußern können. Auch Inklusion in Schule und Sozialleben bleibt ihnen verwehrt“. Mit diesen Worten erneuert Maria Katharina Moser, Diakonie Direktorin anlässlich des Internationalen Tages für Menschen mit Behinderung am 3. Dezember gemeinsam mit Kooperationspartner VERBUND die Forderung nach einem #RechtAufKommunikation. „Denn das Recht auf Kommunikation gilt für alle!“,  betonen Diakonie Direktorin Moser und VERBUND CEO Michael Strugl gemeinsam.

Bis heute kein Rechtsanspruch und keine einheitliche Finanzierungshilfe

Bis heute gibt es weder einen Rechtsanspruch auf Assistierende Technologien, noch eine einheitliche Finanzierungshilfe für Betroffene. Die bürokratischen Hürden sind enorm.

„Es braucht eine zentrale Anlaufstelle für Menschen, die Hilfsmittel benötigen. Die Situation ist in jedem Bundesland anders und sehr intransparent. Auch die Finanzierung muss endlich geregelt werden – denn Hilfsmittel sind teuer“, betont die Diakonie Direktorin.

Dass die Frage des Rechtsanspruchs noch immer nicht geklärt ist, und das nach über 10 Jahren, ist „sehr bedauerlich, denn erst ein Anspruch auf rechtlicher Basis verschafft Menschen die Sicherheit, dass alle, die Unterstützung benötigen, diese auch bekommen“, betont Moser.

Behörden-Dschungel

„Wenn Menschen mit Behinderungen Hilfsmittel brauchen, müssen sie einen Behörden-Dschungel durchqueren“, kritisiert sie. Die Antragsstellung ist kompliziert, unübersichtlich und langwierig. Denn bis heute sind bei Unterstützungsleistungen unterschiedliche Ämter und Institutionen von Bund und Länder involviert.

Die zentrale Anlaufstelle (One-Stop-Shop) wird seit Jahren versprochen. Im Mai 2021 wurde das Sozialministerium mit der Umsetzung von One-Stop-Shops beauftragt. Nun muss es an die Umsetzung gehen. Denn die Konzepte dafür liegen auf dem Tisch – ein Beispiel ist Deutschland.

Modellvorbild Deutschland

In Deutschland ist der Weg zum passenden Hilfsmittel transparent und verständlich geregelt. Zuerst wird der individuelle Bedarf erhoben, denn beim Hilfsmittel gibt es kein „one-size-fits-all“-Modell.

Auch die Evaluation des Hilfsmittels und gegebenenfalls eine Anpassung sind Teil des Prozesses. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse, denn es gibt einen Rechtsanspruch auf assistierende Technologien und Kommunikationsgeräte. Die Befürchtung, dass damit eine Kostenexplosion für die Kassen einhergeht, bewahrheitet sich nicht. Die Ausgaben für unterstützte Kommunikation machen in Deutschland nur 0,01% der gesamten Gesundheitsausgaben aus. Legt man das auf Österreich um, würde ein vergleichbares, flächendeckendes System rund 4,42 Millionen ausmachen.

Finanzielle Unterstützung ist Aufgabe der öffentlichen Hand

Michael Strugl, CEO VERBUND und Partner der Diakonie in Sachen Unterstützte Kommunikation: „Wir setzen uns nun seit mehr als zehn Jahren gemeinsam mit der Diakonie für den Rechtsanspruch auf Assistierende Technologien und Unterstützte Kommunikation ein. Ich denke, es ist an der Zeit, dass die Politik und die öffentliche Hand ihre Verantwortung übernehmen.“

Seit dem Jahr 2009 wurden durch den VERBUND-Empowerment Fund der Diakonie die individuelle Beratung von rund 6.000 Menschen mit Behinderung zur Unterstützten Kommunikation und Assistierenden Technologien ermöglicht. Parallel dazu wurden knapp 12.000 PädagogInnen, TherapeutInnen und Angehörige in über 1.000 Workshops und Seminaren unter anderem zum Schwerpunktthema Frühförderung für Kinder mit Behinderung sensibilisiert und informiert.