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Forscher der Technischen Universität Wien haben einen Handantrieb für Rollstühle entwickelt. Dieser Antrieb schont die Gelenke. Rollstuhlfahrer leiden durch das Bedienen der Hinterräder oft unter Gelenksproblemen.

Durch biomechanische Computersimulationen suchte man nach der idealen Bewegungsvariante für den Oberkörper. Das Ergebnis ist ein ergonomischer Antriebsprototyp, der zum Patent angemeldet ist. Ziel des Forschungsteams für Biomechanik und Rehabilitationstechnik der TU war es, den üblicherweise unnatürlichen Bewegungsablauf beim Rollstuhlfahren mit einer Neuentwicklung zu verbessern.

Um die an den großen Hinterrädern liegenden Greifringe zu bedienen braucht es extreme Gelenksstellungen, was das Rollstuhlfahren oft zur schmerzvollen Angelegenheit macht und Gelenksverletzungen zur Folge haben kann. Für dessen Weiterentwicklung und Marktstart das Team noch einen Industriepartner sucht.

Rollstühle werden durch Handkurbeln nicht breiter

Ähnlich dem Ansatz bei Handbikeantrieben setzen die Wissenschafter auf Handkurbeln – allerdings befinden sich diese bei dem Aufsatz, der sich laut den Forschern an Standard-Rollstühlen anbringen lässt, an den Armlehnen. Es handle sich hier um „einen völlig eigenen Antrieb“, sagte Forschungsleiterin Margit Gföhler. Im Gegensatz zu den deutlich längeren Handbikes, die vor allem für den sportlichen Einsatz im Freien geeignet sind, ging es dem Team darum, ein System zu bauen, das im Alltag einsetzbar ist. Im Zentrum steht dabei die Flexibilität sowie das Fahren enger Radien.

Die beiden Kurbeln ändern ihre Länge während der Umdrehung, die Drehbewegung ist damit eierförmig, was der Anatomie der Arme und Schultern entgegenkomme. Durch das Kurbeln werden über einen Zahnriemen die Hinterräder angetrieben, die etwas kleiner dimensioniert sein können als bei herkömmlichen Rollstühlen. Durch das System wird der Stuhl demnach weder breiter noch länger. Rückwärts kann man sich mit dem neuen Antrieb zwar noch nicht fortbewegen. Eine Drehung am Stand ist aber möglich, da die Räder jeweils fixiert werden können, wie Gföhler erklärte.

Rollstuhlfahren soll künftig weniger anstrengen

In Zusammenarbeit mit ihrem medizinischen Partner, dem Rehabilitationszentrum „Weißer Hof“ in Klosterneuburg, haben die Forscher ihre Entwicklung getestet. Dabei zeigte sich, dass die Gelenke nun nur noch im natürlichen Winkelbereich bewegt werden müssen und die Bewegung als angenehm empfunden wird. Analysen der Atemluft beim Fahren mit dem Prototyp ergaben, dass der Betrieb bei der gleichen Fahrtgeschwindigkeit weniger anstrengend ist als mit einen herkömmlichen Rollstuhl.

Die mechanische Effizienz des optimierten Antriebs ist um rund 20 Prozent höher als mit dem Greifring. Beim Gewicht des Prototyps sieht Gföhler jedenfalls noch Potenzial zur Reduktion. Das könnte etwa mit einem Industriepartner, der an der Weiterentwicklung zur Marktreife interessiert ist, vorangetrieben werden, so die Wissenschafter. In zwei Jahren könnte der Rollstuhl auf dem Markt sein, meinte Gföhler gegenüber Radio Wien, zuvor muss er jedoch medizinisch zugelassen werden. Herkömmliche Rollstühle können auch aufgerüstet werden.

Quelle: wien.orf