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(von Markus Kaiser, Öffnet einen externen Link in einem neuen FensterNürnberger Zeitung vom 27.6.06)
ROTH – Den Sieg hätte ihm wohl niemand mehr nehmen können. Henry Wanyoike führte beim Halbmarathon auf Mallorca das Feld an. Dann bekam sein Betreuer nach 18 Kilometern Seitenstechen. Henry Wanyoike musste beinahe auch aufgeben – denn der 32-jährige Kenianer kann nicht alleine laufen. Er braucht jemandem, der ihm den Weg lotst, denn vor elf Jahren ist der Läufer nach einem Schlaganfall erblindet. Zwei Athleten zogen auf Mallorca so am Führenden vorbei, der regelmäßig auch bei nicht-behinderten Rennen startet. “Erst hat ihm ein Fahrradfahrer geholfen, das ging aber auch nicht, und dann habe ich spontan geholfen”, erinnert sich der Nürnberger Triathlet Hannes Schmidt.
Im Ziel hat er Henry Wanyoike ein paar Zentimeter vorgelassen, sich mit dem vierten statt dritten Platz begnügt und sich nach dem Rennen aus Respekt vor dessen Leistung niedergekniet. “Ich habe keine Sekunde gezögert, als ich Henry am Streckenrand gesehen habe”, sagt Hannes Schmidt, “für mich war es klar, dass ich einspringe.” Heute gibt es am Nürnberger Flughafen ein Wiedersehen zwischen Schmidt und Wanyoike, einem Botschafter der Christoffel-Blindenmission aus dem südhessischen Bensheim an der Bergstraße.
Denn am Sonntag läuft der Kenianer in einer Staffel beim Langdistanz-Triathlon Quelle Challenge Roth den Marathon über 42,195 Kilometer mit seinem Helfer Amos Wambui. Zuvor schwimmt Andreas Kraus aus Rednitzhembach die 3,8 Kilometer lange Strecke, und Profisportler René Obst aus Dresden fährt 180 Kilometer Rad. “Die drei sind bei den Staffeln bestimmt ganz vorne dabei”, glaubt Schmidt, der die Idee für den Start beim Triathlon hatte. Experten halten eine Gesamtzeit unter der magischen Acht-Stunden-Marke für möglich.
Zuletzt hat Henry Wanyoike, der mehrfache Goldmedaillengewinner bei den Paralympics, seinen eigenen Marathon-Weltrekord für Sehbehinderte im April vergangenen Jahres in Hamburg auf 2:31:31 Stunden verbessert. “Er will ein gutes Vorbild sein”, erklärt Wolfgang Jochum von der Christoffel-Blindenmission, “und sein Traum ist, noch dichter an die sehende Weltspitze herankommen.”
Roth ist ein wichtiger Lauf für ihn in diesem Jahr, meint Jochum. “Ich bin schon sehr gespannt auf die Atmosphäre”, sagt der Läufer. “Mir wurde schon berichtet, dass mich eine einzigartige Stimmung in Roth erwartet.” Der Triathlon ist bekannt dafür, dass immer wieder behinderte Athleten im fränkischen Landkreis starten; die Zuschauer feuern diese besonders lautstark an. In einer anderen Staffel fährt die blinde Berlinerin Regina Vollbrecht auf einem Tandem Rad.
Henry Wanyoike ist Profisportler, hat trotz seiner Blindheit neuen Antrieb in seinem Leben gefunden. “Er war so hilflos und traurig, als er kam”, erinnert sich Petra Verweyen von der Blindenmission, die in dessen Heimatregion Kikuju ein Krankenhaus betreibt. “Das Laufen”, glaubt Schmidt, “gibt ihm neue Kraft.” Am liebsten wäre der zweifache Nürnberg-Marathon-Sieger wieder mit ihm gelaufen, doch in seinem letzten Jahr als Triathlet hat er sich nun doch für einen Einzelstart entschieden.
 Mehr Infos gibt es auf Henry Wanyoikes Internetseite unter Öffnet einen externen Link in einem neuen Fensterwww.henry4gold.com |