Kindergartenplätze für Kinder mit Behinderungen sind Mangelware
„Eltern von Kindern mit Behinderungen fühlen sich in Österreich völlig alleine gelassen”, kritisierte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser anlässlich des Tages der Elementarpädagogik am 24. Jänner. Allein in Wien sprechen Expert:innen von etwa 900 Kindern mit Behinderungen, die auf einen inklusiven Kindergarten- oder Krabbelstubenplatz warten. Jedes Dritte Kind bekommt demnach keinen passenden Platz in einer Wiener Einrichtung.
„Das bringt sowohl für die Kinder einen langfristigen Nachteil, weil sie keine Chance auf ein frühes Bildungsangebot und Entwicklungsmöglichkeiten unter Gleichaltrigen haben, als auch für die Familien, die durch das fehlende Angebot nur eingeschränkt oder gar nicht arbeiten gehen können”, so Moser weiter.
Darüber hinaus entspricht es weder der UN-Behindertenrechtskonvention, durch deren Unterzeichnung sich Österreich zur Umsetzung eines „inklusiven Bildungssystems auf allen Ebenen“ verpflichtet hat, noch dem Nationalen Aktionsplan Behinderung (NAP II), der vom Ministerrat beschlossen wurde und die Verbesserung der Situation im Bereich der inklusiven Elementarpädagogik vorsieht.
„Wenn man vom Grundsatz ausgeht, dass alle Kinder – jene mit und jene ohne Behinderungen – von gelebter Inklusion profitieren, weil das voneinander Lernen in einer inklusiven Gemeinschaft die sozialen und intellektuellen Kompetenzen aller stärkt, ist es vollkommen unverständlich, dass hier seitens der Politik kaum Aufmerksamkeit auf diesem Thema liegt”
Maria Katharina Moser, Diakonie Direktorin
Fehlende Daten zeigen ebenfalls, dass das Thema keine gebührende Aufmerksamkeit erhält
Ein Blick in die Datenlage der Statistik Austria zeigt: Im Jahr 2022/2023 gab es in Österreich insgesamt rund 7.000 Kleinkindbetreuungseinrichtungen und Kindergärten. Etwas über 30% davon sind private Einrichtungen. Allerdings klafft eine große Lücke in den vorhandenen Daten, wenn es um spezielle Angebote für Kinder mit Behinderungen geht: Wie viele dieser Einrichtungen Integrations- oder Inklusionsplätze anbieten, ist nicht ersichtlich. „Wir vermissen hier ein valides Lagebild”, betont Moser, und das zeige ebenfalls, dass dem Thema Inklusion ab dem Kindergarten in Österreich die gebührende Aufmerksamkeit fehlt. Die Diakonie fordert deshalb, dass „endlich umfassende Daten zur Situation von Kindern mit Behinderungen im elementarpädagogischen Bereich österreichweit erhoben und zugänglich gemacht werden”.
Wie Inklusion in der Elementarpädagogik funktionieren kann, zeigt die Diakonie
Bis vor kurzem war es in manchen Bundesländern nicht vorgesehen, dass private gemeinnützige Träger überhaupt sogenannte “Integrationsgruppen” in Kindergärten anbieten. Seit dies möglich ist, bietet die Diakonie in ihren elementarpädagogischen Einrichtungen in Oberösterreich, Salzburg, Kärnten und Wien Plätze für Kinder mit Behinderungen an.
„Natürlich sind auch bei uns die Wartelisten lang und das Angebot reicht bei weitem nicht aus, aber es sind auch die administrativen Hürden, eine solche Gruppe zu eröffnen und das passende Personal zu finden, riesig”, schildert Moser die Situation. Es braucht deshalb dringend mehr Unterstützung für private Kindergarten-Träger, Inklusion in der Elementarpädagogik umzusetzen. Außerdem ist ein Ausbau des Ausbildungsangebots für inklusive Elementarpädagog:innen dringend nötig. Derzeit gibt es mehr Interessent:innen, als Ausbildungs-Plätze.
(Elementare) Bildung ist ein Menschenrecht und muss uns etwas wert sein!
Bildung ist ein Menschenrecht, und es braucht einen Paradigmenwechsel, der den Bereich der (inklusiven) Elementarpädagogik hier nicht mehr länger außen vor lässt, sondern entsprechende Mittel bereitgestellt werden, damit allen Kindern dieses Recht gewährt wird – von Anfang an.
Dafür braucht es
(1) den Ausbau des inklusiven Angebots,
(2) das Recht auf einen barrierefreien Kindergartenplatz auch im letzten Kindergartenjahr,
(3) bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen für die Elementarpädagogik,
(4) einen Betreuungsschlüssel der wissenschaftlichen Standards entspricht, sowie
(5) Maßnahmen gegen die große Personalnot.