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„Covid-19-Infektionen eindämmen war wichtig und richtig, aber es gibt ein ethisches Dilemma: Isolation schützt und schadet gleichzeitig“, betont Diakonie Direktorin Maria Katharina Moser bei einer Pressekonferenz anlässlich der Präsentation der Studie der Gesundheit Österreich zu Alten und Pflegeheimen am 9. Juni im Sozialministerium.

Die Diakonie berichtet über die problematischen Folgen der Isolation: Angehörige nicht sehen zu können, verletzt die Seele. Menschen mit Demenz oder auch Menschen mit intellektuellen Behinderungen können oft nicht verstehen, was da jetzt los ist. Sie werden verwirrter, Aggressionen und herausforderndes Verhalten steigen, was wiederum medikamentöse Interventionen nach sich ziehen kann.

„Verstärkte persönliche Zuwendung, die helfen würde, ist bei Kontakteinschränkungen nicht möglich. Keine Physiotherapie, keine Ergotherapie, keine Psychotherapie – der Gesundheitszustand verschlechtert sich.
Wir brauchen deshalb dringend eine Studie zu Langzeitfolgen von Kontakteinschränkungs- und Isolationsmaßnahmen für die körperliche und seelische Gesundheit“

Maria Katharina Moser (Diakonie Direktorin)

Diakonie fordert Studie zu Langzeitfolgen von Isolationsmaßnahmen

Denn jetzt in der Phase der Lockerungen müssen wir abwägen und uns fragen: Was ist verhältnismäßig? Welche problematischen Nebenfolgen kann ich in Kauf nehmen? Und dazu müssen wir natürlich auch die Folgen kennen. Und ein Problem bei Corona war und ist: „Wir wissen zu wenig über das neuartige Virus, das uns mit einer bis dato unbekannten Situation konfrontiert“, so Moser.

Pflege ist mehr als „warm, satt, sauber“

Die Diakonie sieht auch problematische Auswirkungen der Corona-Krise auf den Zugang zu Pflege. In den letzten 30 Jahren hat sich ein Perspektivenwechsel vollzogen. Die Medizin ist nicht mehr die alleinige Leitwissenschaft für die Pflege. Der Blick ist weiter geworden. Gesundheit wird ganzheitlicher verstanden, die seelische und mit ihr die spirituelle Dimension, das Wohlbefinden und Beziehungen sind in den Blick gekommen, aber auch Selbstbestimmung, soziale Teilhabe und Inklusion. „Jetzt aber beobachten wir eine erneute Medikalisierung durch infektiologische Betrachtungsweisen“, bemerkt Moser.

„Wir müssen wieder mehr auf die ganzheitliche Gesundheit schauen und auf den lebenswerten Alltag von Menschen in ihrem letzten Zuhause, den Pflegeeinrichtungen. Es geht nicht nur darum, wie alt wir werden, sondern wie wir alt werden“, so Moser abschließend.