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Für Menschen mit Behinderung in Heimen haben während der Coronavirus-Krise massive Ausgangsbeschränkungen und teils sogar Zimmerquarantäne bestanden. Die Bewohnervertretung kritisiert nun, dass solche Einschränkungen der Freiheit teils immer noch aufrecht sind.

Manche Menschen mit Behinderung wohnen seit acht Wochen bei ihren Eltern, obwohl sie normalerweise in einer Wohngemeinschaft leben, sagt Susanne Jaquemar, Leiterin der Bewohnervertretung beim Verein Vertretungsnetz. Grund seien die nach wie vor harten Quarantäne-Bestimmungen einzelner Einrichtungen. Wer zurück kommt, braucht einen negativen Coronavirus-Test. „Das wäre noch vertretbar, aber zusätzlich gibt es noch eine 14-tägige Zimmerisolierung. Das ist eine massive Freiheitsbeschränkung“, sagt sie im Ö1-Mittagsjournal.

Behindertenwerkstätten starten nur langsam

Betroffene Eltern haben sich an die Bewohnervertretung gewandt. Weil mit Zimmerquarantäne gedroht wurde, haben sie ihre teils längst erwachsenen Kinder noch länger zu Hause zu behalten. Das sei für beide sehr belastend, sagt Jaquemar. Der Schutz vor Ansteckung von Risikopatienten rechtfertige die Quarantäne kaum: „Aus meiner Sicht ist da Angst der bestimmende Faktor und es kann in einem Einzelfall gerechtfertigt sein, aber wir überprüfen die Einzelfälle. Momentan kennen wir Situationen, wo es überschießend war.“ Mehr zum Thema CoV: Mit Behinderung durch die Krise

Ein weiterer Kritikpunkt der Bewohnervertretung ist die Untätigkeit und fehlende Tagesstruktur für die Betroffenen, ausgelöst vor allem durch das langsame Wiederöffnen der Behindertenwerkstätten. Ein Grund sei Betreuermangel, offenbar im Zusammenhang mit dem dreimonatigen Durchrechnungszeitraum der Kurzarbeit, sagt Jaquemar: „Die Befürchtung habe ich, dass diese Zwangskurzarbeit für Betreuungspersonen da jetzt zum Nachteil für Menschen mit Behinderung wird.“

Lebenshilfe: Zimmerquarantäne „überschießend“

Laut Lebenshilfe-Generalsekretär Albert Brandstetter haben vor allem Wien und Oberösterreich Kurzarbeit in Werkstätten empfohlen oder verlangt. Das langsame Starten der Werkstätten habe nichts mit Kurzarbeit, sondern mit Coronavirus-Sicherheitsabständen, heißt es vom Fonds Soziales Wien.

Die 14-tägige Zimmerquarantäne wäre etwa vom Land Oberösterreich verlangt worden. „Das halten wir für völlig überschießen“, sagt Brandstetter. Die Reaktion vom Land Oberösterreich: Man habe ab 4. Mai Besuche wieder zugelassen und seit 20. gebe es keine Zimmerquarantäne mehr, wenn jemand von zu Hause zurückkommt.

Quelle: red, wien.ORF.at