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Weltweit haben laut WHO über eine Milliarde Menschen eine Beeinträchtigung. 200 Millionen davon sind dadurch physisch oder mental beeinträchtigt. Dennoch gibt es Möglichkeiten, wie Menschen mit Beeinträchtigungen auch in der digitalen Welt teilnehmen können. Das zeigten die Vorträge, Erfahrungsberichte und Workshops von profilierten Fachleuten, WissenschafterInnen und PraktikerInnen.
Das IKT-Forum schafft wie kaum eine andere Veranstaltung den Spagat zwischen Technik und Nicht-Technik sowie Wissenschaft und Praxis und legt dabei doch immer den Fokus auf Barrierefreiheit. Aaron Banovics, in Vertretung der Behindertenanwaltschaft anwesend, zeigte sich begeistert von der Qualität und Vielfalt der Themen, die den Fokus auf die Schaffung von Zugänglichkeit legen und sich nicht davor scheuen, technische Hilfen für Menschen mit Beeinträchtigungen auch kritisch zu diskutieren.
Dr.in Imke Niediek von der Leibniz Universität Hannover und  Vorstandsvorsitzende von isaac – Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation e.V. verdeutlichte in ihrem Referat „Wozu überhaupt Unterstützte Kommunikation?“,  dass wir ohne soziale Kommunikation verkümmern. Der Mensch ist auch Kooperation angewiesen, gleich ob er mit oder ohne Lautsprache aufgewachsen ist.
„Mund-Sprecher“ oder „chronisch Normale“ unterscheiden sich dabei nicht von unterstützt kommunizierenden Menschen, die alternative Wege der Kommunikation nützen. Der Unterschied liegt darin, dass „Mund-Sprecher“ nach kurzer Zeit, in der sie sich außerhalb gewohnter Kommunikationsbahnen bewegt haben, beispielsweise im Urlaub, wieder zu ihrer gewohnten Kommunikationsform zurückgelangen. Unterstützt kommunizierende Menschen erleben die Abhängigkeit von anderen Menschen ein Leben lang, denn Menschen, die mittels Symbolkarten oder Sprachausgabe-Geräten kommunizieren, brauchen für die Ansteuerung derselben häufig länger und geraten dadurch schnell in den Hintergrund. Es braucht daher eine Bewegung weg vom Sauber-satt-sicher-Versorgungsprinzip, auch bei unterstützt kommunizierenden Menschen, hin zu einer unterstützenden Umgebung, die alternative Kommunikationsformen zulassen kann.
Dipl.-Ing. Christoph Veigl vom Institut für Embedded Systems der FH Technikum Wien präsentierte einen „Reisebericht“ Assistierende Technologien in anderen Kulturen. Der weitgereiste Informatiker war wesentlich an der Entwicklung der Software-Plattform AsTeRICS beteiligt. Koordiniert wurde das mit dem Innovationspreis im Rahmen des Staatspreises Multimedia und e-Business ausgezeichnete Projekt durch das renommierte Linzer Kompetenznetzwerk KI-I.
Auf privaten und beruflichen Reisen durch Südamerika und Afrika hatte Christoph Veigl die AsTeRICS-Software-Plattform stets im Gepäck und erstellte vor Ort innerhalb kürzester Zeit und mit günstigsten Mitteln assistierende Technologien für Menschen, die wegen Cerebralparese oder ähnlichen körperlichen Beeinträchtigungen nicht an der digitalen Welt teilnehmen konnten. Beispielsweise wurden aus einer Auto-förmigen Computermaus und zwei Batterie-betriebenen Massagespinnen Taster und Eingabegeräte für den Computer. Die AsTeRICS-Plattform wurde installiert und nach kurzer Zeit konnten Betroffene mittels Bildschirmtastatur den Computer bedienen.
Für andere wurde aus einer Webcam vom nächsten Markt mithilfe AsTeRICS eine Augensteuerung. So können selbst Wachkoma-Patienten mit kaum wahrnehmbaren Augenbewegungen die Welt mit einem Zwinkern erreichen.
Darüber hinaus berichtete Christoph Veigl von der „FLipMouse“, einer Finger- und Lippenmaus, die Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen um gerade mal 60 Euro Materialkosten eine kostengünstige Computermaus ermöglicht. Sonst bewegen sich assistierende Produkte, je nach Einsatzgebiet und Anwendungsmöglichkeit im Bereich mehrerer 100, wenn nicht mehrerer 1000 Euro.
Mit der FLipMouse konnte beispielsweise Harald, einem Muskeldystrophie-Patienten, sein sehnlicher Wunsch nach mehr Selbstständigkeit beim E-Mailing, Online-Banking und vor allem bezüglich Keyboardspiel ermöglicht werden. Seither spielt er verzerrte Gitarrensounds, Rhythmen und Melodien und ist Teil einer Band.
(von KI-I)