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Blinder Speerwerfer sichert sich EM-Titel mit neuem Weltrekord

Großartiger Sieg für Bil Marinkovic! Mit einer Weite von 51,33 m gewann der Spitzensportler souverän den EM-Titel im Speerwurf bei der Leichtathletik-Europameisterschaft für Blinde und Sehbehinderte. An die 500 Sportler waren bei den Wettkämpfen am Start, die von 4. bis 14. Juni 2009 auf der Insel Rhodos stattfanden. Bil eliminierte seinen eigenen Weltrekord (51,04 m), den er 2007 bei der WM in Sao Paulo (Brasilien) aufgestellt hatte.

“Eigentlich wollte ich nicht bei den Vollblinden, sondern in der Klasse B2 gemeinsam mit den Sehbehinderten antreten, so wie letztes Jahr in Peking”, erzählte Bil nach seinem Sieg. Als die sehbehinderte Konkurrenz jedoch mitbekam, dass er schon beim Einwerfen sehr gute Weiten erzielte, legten die Serben und Kroaten Protest gegen das Antreten eines Vollblinden in ihrer Klasse ein. In diesem Fall wären nämlich seine Wurfweiten durch ein kompliziertes Punktesystem mit jenen der Sehbehinderten verglichen worden, was ihm auch in der Klasse B2 zum Sieg verholfen hätte. “Die wollten ihre Medaille nicht verlieren”, ärgerte sich der Ausnahmeathlet.

“Für Bil war das ein ganz wichtiger Sieg nach seinem 4. Platz bei den Paralympics”, sagt sein Trainer Gregor Högler. “Bil war heuer verletzt, hatte Probleme mit den Adduktoren und dem Rücken.” Darüber hinaus musste der blinde Speerwerfer im Mai noch einen Rückschlag hinnehmen. Bei einem Leichtathletik-Meeting in Dublin, das als Vorbereitung auf die EM gedacht war, kämpfte er vor allem gegen Regen, Kälte und Sturmböen bis 80 km/h. Unter widrigen Bedingungen “stürzte” sein Speer bei 44,60 m ab und auch die anderen Teilnehmer hatten gegen den Wind als größten Konkurrenten keine Chance. Högler hat deshalb gleich nach Dublin das Training umgestellt und intensiviert. Er fasste zwei Einheiten – die Läufe mit dem Speer und die Würfe – zu einer Trainingseinheit zusammen: “Bil hatte einen doppelt so langen Anlauf und musste dann auch gleich werfen. Das war ziemlich hart für ihn, aber er hat es ausgehalten”, resümiert sein Trainer zufrieden.

Silbermedaille im Diskusbewerb

Marinkovic holte sich zwei Tage nach seinem großartigen Sieg im Speerwurf auch noch die Silbermedaille im Diskus mit einer Weite von 36,07 m. “Ich bin wieder da!” freute sich der Topathlet nach dem Wettkampf.

Für Bil Marinkovic war die EM in Rhodos ein wichtiger Etappensieg, der gut für das Ego des blinden Spitzensportlers ist. Denn er wollte unbedingt beweisen, dass er in der Trainingsgruppe von Gregor Högler mit den drei anderen sehenden Athleten mithalten kann, die mit sensationellen Leistungen aufhorchen lassen: Gerhard Mayer (29) ist Österreichs bester Diskuswerfer und seit kurzem einer der besten der Welt. Elisabeth Pauer bringt ebenfalls Top-Leistungen: Die 26-jährige Steirerin konnte sich als erste österreichische Speerwerferin für die WM 2009 in Berlin qualifizieren. Selbst die jüngste von Högler betreute Athletin, die erst 21 Jahre alte Elisabeth Eberl, zählt bereits zu den Top 6 im Speerwurf bei den U23 in Europa. Der blinde Bil Marinkovic trainiert häufig gemeinsam mit den sehenden Athleten und profitiert von der positiven Dynamik der überaus erfolgreichen Truppe.

Bei der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs, die Bil Marinkovic seit Jahren unterstützt, hält man viel von Gregor Högler und seinem integrativen Ansatz. Geschäftsführerin Irene Vogel: “Ohne seinen Trainer wären die Erfolge unseres blinden Topathleten nicht möglich. Wir sind sehr stolz auf Bil Marinkovic. Seine bewundernswerten Leistungen helfen uns, bei sehenden Menschen vorhandene Vorurteile und Berührungsängste nachhaltig abzubauen.”

(Text und Foto ©: Öffnet einen externen Link in einem neuen FensterHilfsgemeinschaft)