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Der heute 62-jährige Art-Brut-Künstler Josef Hofer wurde in den letzten Wochen des zweiten Weltkrieges mit einer geistigen und körperlichen Behinderung, nahezu gehörlos geboren. Er wuchs auf einem Bauernhof im Mühlviertel sehr isoliert auf, was einerseits aus der politischen Situation der Zeit – NS-Herrschaft bis Mai 1945, danach russische Besatzung bis 1955 – zu verstehen ist, andererseits wollten die Eltern ihren Sohn nicht dem Gespött anderer Kinder aussetzen.

Josef Hofer wurde als Kind viel zur Feldarbeit mitgenommen, später blieb er lieber zu Hause auf dem Hof. Andere Kinder zum Spielen gab es für ihn nicht. Er beschäftigte sich viel mit Puppen und landwirtschaftlichen Geräten, was er heute noch mit Vorliebe macht.

Was genau bedeutet aber nun Art brut?

Wörtlich heißt “Art brut” rohe Kunst – roh im Sinne von unverfälscht. Man bezeichnet mit diesem von Jean Dubuffet eingeführten Begriff Werke von Menschen, die außerhalb des Kunstbetriebs stehen, etwa psychisch Kranke, Menschen mit geistiger Behinderung oder Gefangene. Berühmt wurden die Art-Brut-Künstler der psychiatrischen Klinik Gugging bei Wien, die der Psychiater Leo Navratil förderte. Mittlerweile vertreibt auch der Kunsthandel “Art brut” und Museen stellen die Werke aus. So gibt es beispielsweise eine umfangreiche Sammlung in Lausanne in der Schweiz.
Schon als Kind soll Josef Hofer seine Umgebung, wie Pferde oder einen Leiterwagen, mit Bleistift gezeichnet haben.
Seit 1992 lebt Josef Hofer im Wohnhaus Ried im Innkreis und arbeitet in der dortigen Tagesheimstätte.
“Es gab damals zahlreiche Zeichnungen von ihm in einer Schublade, auf Computer-Endlospapier bzw. auf Tapetenrückseiten gezeichnet. Bleistift und Farbstifte waren sein Material. Ich erinnere mich neben landwirtschaftlichen Maschinen hauptsächlich an Figuren, die wie der `Terminator` aussahen, sozusagen `gepanzerte Menschen”, denkt die Kunsthistorikerin Dr. Elisabeth Telsnig, die Josef Hofer seit 1997 künstlerisch begleitet, an die ersten Begegnungen mit dem Ausnahme-Künstler zurück.
Zehn Jahre später ist Josef Hofer ein sehr gefragter Art-Brut-Künstler: Seine Arbeiten waren in Madrid, Zürich und München ausgestellt; das Lausanner Musée de l´Art  Brut kaufte seine Bilder an, nächstes Jahr stellt er in Japan aus. In Österreich wird Josef Hofer von der Galerie am Stein in Schärding, Monika Perzl, vertreten.
Eine besondere Ehre wurde ihm 2004 zuteil, als er beim EUWARD – dem Europäischen Kunstpreis für Malerei und Grafik von Künstlern mit geistiger Behinderung – nicht nur nominiert wurde, sondern auch mit dem ersten Preis ausgezeichnet wurde.
Einem seiner größten Fürsprecher – Arnulf Rainer – hat er nun die nächste Auszeichnung  zu verdanken: Auf dessen Vorschlag hin erhielt Josef Hofer den “Zeitsicht”-Preis der Augsburger Beratungsfirma “hauserconsulting”.
Arnulf Rainer, einer der bekanntesten Maler und Zeichner der österreichischen Nachkriegsgeschichte, wurde im Jahr 2007 von Dr. Eberhard Hauser, dem Begründer und Sponsor des Preises, um einen Preisträger-Vorschlag gebeten. “Auf der Suche nach Outsider-Künstlern bin ich in das Lebenshilfe-Wohnhaus Ried im Innkreis gefahren. Dort habe ich sofort sein Talent erkannt”, erinnert sich Arnulf Rainer an die erste Begegnung mit Josef Hofer. “Für mich ist Josef Hofer der auffälligste Künstler unter den Outsidern im deutschsprachigen Raum, der einzige ihm ebenbürtige Künstler – Johann Hauser – ist leider schon verstorben”, streut Arnulf Rainer seinem Künstlerkollegen Rosen.
Was Hofer`s Werke auszeichnet, kann man nur schwer in Worte fassen, man muss seine Bilder sehen. Ungewöhnlich ist auch die Tatsache, dass er seine Motive wechselt: Mal malt er technische Geräte, mal erotische Portraits, mal Kleidung, aber immer wieder den nackten Mann.
Ein wichtiger Bestandteil im Leben von Josef Hofer ist sein Spiegel, den man mit Holztüren verschließen kann. Er will nicht, dass man den Spiegel aufhängt. Er lehnt in seinem Zimmer an einem Kasten. Dieser Spiegel ist zu einem DU für Josef Hofer geworden, ein Du, mit dem er täglich kommuniziert. “Er schafft seine Bilder nicht für ein bestimmtes Publikum, er entzieht sich jeder kulturellen Vereinnahmung. Er lebt die Freiheit der Kunst, frei von jedem sozialem und kulturellem Druck, frei von jeder Konvention. Er ist quasi ein Dissident”, beschreibt Dr. Elisabeth Telsnig den Künstler.
Die Lebenshilfe Oberösterreich ist stolz darauf, einen Künstler mit einem derart außergewöhnlich hohen künstlerischen Potential in ihren Reihen zu haben.
(Text und Fotos: Öffnet einen externen Link in einem neuen Fensterwww.ooe.lebenshilfe.org)