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(Artikel: Pressereferat des Stadtschulrates; Quelle: APA-OTS)
Wien (OTS) – “Wiens Schulen leben Integration – und das auch über die Pflichtschulzeit hinaus. Unser Ziel ist es, dass alle jungen Menschen eine Chance bekommen, einen höheren Bildungsabschluss erfolgreich zu erreichen. Mit der Gruppenintegration von hörbeeinträchtigten bzw. gehörlosen SchülerInnen an der AHS Anton Krieger Gasse beweisen wir erneut, wie ernst es uns mit diesem Anliegen ist – keine Frage, dass die Strahlkraft und Bedeutung dieses in Österreich einzigartigen Projektes weit über Wien herausreicht”, stellte Wiens Amtsführende Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz fest.
Brandsteidl kritisierte in diesem Zusammenhang die “wenig hilfreiche Haltung des Bundes diesem Projekt gegenüber. So ist es irgendwie fast schon typisch, dass das Bundesministerium auf der einen Seite zwar die Organisationsstruktur des Projektes genehmigt, auf der anderen Seite jedoch die Gewährung eines Schulversuchs-Status verweigert hat. Diese Haltung zum Thema Integration in der AHS` ist zahnlos und unaufrichtig. Wir in Wien haben uns dennoch dazu entschlossen, dieses Projekt zu realisieren und die hierfür nötigen zusätzlichen Lehrerstunden selbst aufgebracht. Einmal mehr zeigt dies, dass wir nicht nur von Integration reden, sondern diese tatsächlich leben – unser Credo lautet, dass Schule allen Kindern eine Chance geben muss und niemanden leichtfertig zurücklassen darf.”
Zum Hintergrund des Projekts an der AHS Anton Krieger Gasse stellte die Amtsführende Stadtschulratspräsidentin fest, dass “es absurd ist, wenn wir die Schullaufbahn von jungen Menschen scheitern lassen würden, nur weil diese Hörschwierigkeiten haben und obwohl ihnen mit einfachen Mitteln wie verstärkter Visualisierung des Unterrichts, akustischen Unterstützungen sowie `ein bisschen mehr Zeit` geholfen werden kann. Warum sollen hörbeeinträchtigte SchülerInnen keine Matura machen?”

Hintergrund des Projekts:

Derzeit ist es vielen hörbeeinträchtigten/gehörlosen SchülerInnen nicht möglich, die Reifeprüfung abzulegen. Nur relativ wenigen dieser SchülerInnen gelingt es, in Form von “Einzelintegration” doch zur Matura zu kommen. Bei einer gezielten Betreuung hörbeeinträchtigter/gehörloser SchülerInnen auch in der Oberstufe würden viel mehr Jugendliche dieses Ziel erreichen. Darüber hinaus hat sich bei vergleichbaren Projekten im Ausland gezeigt, dass  Jugendliche mit ähnlichen Behinderungen bei der Bewältigung von Problemen, die aus dieser Behinderung entstehen, als Gruppe wesentlich erfolgreicher sind. Durch die Orientierungsmöglichkeit an der “eigenen” Gruppe (IntegrationsschülerInnen) wird die Entwicklung eines stärkeren Selbstverständnisses und Selbstbewusstseins stark begünstigt.  Die Erfahrungen von hörenden SchülerInnen in vergleichbaren Klassen im Ausland sind ebenfalls durchwegs und ausschließlich positiv, da die ursprünglich zur Unterstützung der IntegrationsschülerInnen gedachten Maßnahmen auch den hörenden SchülerInnen zum Vorteil gereichen. So erweisen sich vor allem verstärkte Visualisierung und klarere Strukturierung des Unterrichtsstoffes, aber auch das frühere Nachfragen der “I-Kinder” bei Unklarheiten als hilfreich für alle SchülerInnen.

Details zur Umsetzung:

Geführt wird das Projekt der “Gruppenintegration von hörbeeinträchtigten/gehörlosen SchülerInnen” in Kooperation der AHS Anton Krieger Gasse (AKG) mit dem Bundesinstitut für Gehörlosenbildung (BIG). Die Schulform ist ein naturwissenschaftliches ORG, in dem der Regelunterricht von LehrerInnen der AKG, ergänzt durch HörgeschädigtenlehrerInnen des BIG geführt wird. Die Klassen setzen sich aus bis zu 18 “hörenden” und bis zu 6 hörbeeinträchtigten SchülerInnen zusammen.
Als Prinzipien der Unterrichtsführung gelten insbesondere folgende didaktische Grundsätze:

  • verstärkte Visualisierung des Unterrichts (Overheadprojektor…..)
  • akustische Unterstützung durch eine Funkanlage 
  • zusätzliches Zeitangebot in Prüfungssituationen 
  • verstärkter Einsatz moderner Medien bei der Präsentation von Arbeitsergebnissen durch die SchülerInnen.

Brandsteidl abschließend: “Die Idee dieses Projektes ist es, die SchülerInnen dort abzuholen, wo sie stehen. Im konkreten Fall heißt dies, dass begabten, jedoch hörbeeinträchtigten SchülerInnen ein schulisches Angebot gemacht wird, dass sie einerseits im absolut selben Ausmaß wie alle anderen AHS-SchülerInnen fordert, gleichzeitig jedoch Rücksicht und Hilfestellung für ihre besondere Problemlage bietet. Mit anderen Worten: Dieses Projekt ist von dem Grundsatz geleitet, dass jede Begabung gefördert gehört und die optimale Schule jene ist, die dem Anspruch der Forderung und der Förderung genügt.”