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Wenn Menschen mit Behinderung für arbeitsunfähig erklärt werden, gibt es für sie keine AMS-geförderten Schulungen

„Wird bei einer ärztlichen Untersuchung eine Arbeitsfähigkeit von weniger als 50 Prozent festgestellt, bekommen Menschen mit Behinderung keine Förderung vom AMS. Sie erhalten keine Schulungen. Ob sie arbeiten wollen oder nicht, spielt in dieser Logik keine Rolle“, schließt sich Volksanwalt Bernhard Achitz der Kritik von Bundesbehindertenanwältin Christine Steger an: „Darüber beschweren sich regelmäßig Betroffene bei der Volksanwaltschaft. Sie können nicht verstehen, dass sie keine notwendigen arbeitsmarktrelevanten Unterstützungen erhalten, obwohl sie gerne erwerbstätig sein würden. Besonders krass fällt diese Ungleichbehandlung bei jungen Menschen auf, die oft sehr früh als arbeitsunfähig eingestuft werden. Die Folge: ein ganzes Leben in Abhängigkeit von der Sozialhilfe.“ Die Volksanwaltschaft hat darauf bereits 2019 im Sonderbericht „Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung” aufmerksam gemacht. Er hat von Bund und Ländern viel Zustimmung gebracht, aber umgesetzt wurden die Forderungen der Volksanwaltschaft bis heute nicht.

Vor mehr als drei Jahren, am 6. Dezember 2019, hat die Volksanwaltschaft den Sonderbericht “Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung” an das Parlament übermittelt. Der Bericht zeigt die prekären Arbeitsbedingungen für Menschen mit Behinderung auf und fordert Lohn statt Taschengeld in Behindertenwerkstätten sowie einen eigenen Anspruch auf Sozialversicherung, vor allem auf Pensionsversicherung. „Seit die Volksanwaltschaft diese Probleme aufgezeigt hat, gab es zwar Bekenntnisse von allen Seiten, aber konkret umgesetzt ist noch immer nichts. Sobald es um die Finanzierung geht, schieben Bund und Länder die Verantwortung hin und her“, kritisiert Achitz.

Keine Sozialversicherung in Behindertenwerkstätten

“Unbefriedigend und unzulässig” – so hat die Volksanwaltschaft (VA) die Situation von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt im Sonderbericht beschrieben. Hauptproblem: Wird die Arbeitsfähigkeit auf weniger als 50 Prozent klassifiziert, werden sie vom AMS nicht gefördert und nicht auf Arbeitsplätze vermittelt. Sie sind abhängig von Behindertenwerkstätten, wo sie nur unfall-, aber nicht voll sozialversichert sind. Volksanwalt Bernhard Achitz: „Sie sind angewiesen auf die Mitversicherung bei den Eltern. Im Alter bleibt ihnen dann nur ein Leben auf dem Existenzminimum – Pension gibt es für sie nicht.“

Für ihre Arbeit bekommen die Menschen in den Werkstätten keinen Lohn, sondern nur ein Taschengeld: „Das ist weder wertschätzend, noch entspricht es der tatsächlichen Abgeltung der dort geleisteten Arbeit und des besonderen Engagements der Menschen mit Behinderung“, sagt Achitz: „Besonders für junge Menschen ist die Situation schwierig, sie haben kaum eine Chance, sich ein selbständiges Leben aufzubauen“

Sozialministeriums-Studie ausständig

2020 hat der Nationalrat mit einem Entschließungsantrag einen ersten Schritt zur besseren Absicherung der Menschen in den Werkstätten gesetzt. Sozialminister Johannes Rauch hat eine Studie in Auftrag gegeben und deren Präsentation noch für 2022 angekündigt.

Sonderbericht der Volksanwaltschaft: https://bit.ly/2JFGU2U

Sonderbericht in Leicht Lesen: https://bit.ly/3ogvNMA