Lebenshilfe fordert Inklusionsfonds. Ohne entsprechende Finanzierung und Koordination droht die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sich weiter zu verzögern.
Die Lebenshilfe fordert seit Jahren einen inklusiven Arbeitsmarkt. Alle Menschen mit Behinderungen, mit oder ohne hohem Unterstützungsbedarf, sollen die Möglichkeit erhalten, einer sozialversicherungspflichtigen, entlohnten Beschäftigung nachgehen zu können. Diese Forderung ist ebenfalls in der UN-Behindertenrechtkonvention verankert. Österreich hat sich verpflichtet, die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen. Der in Kürze erwartete Nationale Aktionsplan Behinderungen (NAP) soll konkrete Schritte enthalten.
Warum Integration nicht reicht
Integration war in den vergangenen Jahren der erste wichtige Schritt zu mehr Teilhabe am Arbeitsmarkt. Allerdings zielt Integration auf die persönliche Anpassungsleistung der einzelnen Menschen ab. Das System selbst (Schule, Arbeit, Vereine…) ändert sich nur wenig.
Jetzt ist es an der Zeit, endlich von Integration zu Inklusion überzugehen. Inklusion hat das Ziel, dass alle Menschen in einer Gesellschaft chancengerecht miteinander leben. Menschen mit Behinderungen sollen dazugehören, teilhaben und selbst bestimmen können – von Geburt an und in allen Lebensbereichen. Ein eigenständiges Einkommen durch Arbeit bildet die Voraussetzung für eine selbstbestimmte Lebensführung.
Inklusion ist ein Menschenrecht und als solches in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen geregelt. Im neuen NAP Behinderung ist daher nicht mehr von Integration zu sprechen, sondern ausschließlich von Inklusion. Die dafür notwendigen Schritte sind konsequent zu setzen und zu finanzieren.
Inklusion am Arbeitsplatz
Arbeit ist ein wesentlicher Bestandteil gelebter Inklusion. Arbeitsminister Kocher und Sozialminister Mückstein sind auf dieses Thema in ihren aktuellen Beantwortungen einer parlamentarischen Anfrage der Nationalratsabgeordneten Fiona Fiedler der NEOS eingegangen (Antwort Kocher; Antwort Mückstein). Darin bleiben aber einige wesentliche Fragen im Hinblick auf Inklusion offen.
Der Lebenshilfe ist es daher wichtig auf folgendes aufmerksam zu machen: Aktuell wird der Arbeitsmarkt in einen ersten, zweiten und dritten Arbeitsmarkt unterteilt. “Unser Ziel ist es, diese Dreiteilung des Arbeitsmarktes aufzulösen. Wir wollen EINEN inklusiven Arbeitsmarkt für alle schaffen. Mit dem 2-Säulen-Modell (Erklärvideo) hat die Lebenshilfe einen entsprechenden Vorschlag erarbeitet. Jede Person soll Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt haben. Gleichzeitig sollen bestehende Werkstätten der Behindertenhilfe in inklusive Betriebe umgestaltet werden, deren Türen nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch Menschen ohne Behinderungen offenstehen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr im derzeit ersten Arbeitsmarkt fußfassen können
, erläutert Lebenshilfe Generalsekretär Markus Neuherz und ergänzt, ebenso soll auch stundenweise Beschäftigung bei vollem Lohnausgleich ermöglicht werden. Das bedeutet, dass Personen, die in Werkstätten beschäftigt sind, über ein Arbeitskräfteüberlassungsmodell stundenweise in der freien Wirtschaft mitarbeiten können.
Es braucht Werkstätten, integrative Betriebe und Unternehmen, jedoch mit einer neuen Denkrichtung: der Öffnung für die Vielfalt. Zentral dabei ist die Wahlfreiheit für Menschen mit Behinderungen.
Begriff „Arbeit“ neu definieren
Auf dem Weg zum inklusiven Arbeitsmarkt gilt es die Begriffe Arbeit und Arbeitsfähigkeit neu zu denken. Von einem reinen Produktivitäts- und Leistungsdenken hin zu einer ressourcen-orientierten Beschäftigung. Unabhängig von der Höhe des Unterstützungsbedarf sollen Fähigkeiten gefördert werden. Die Lebenshilfe fordert koordinierte Reformen der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Behindertenpolitik, um Inklusion und allen voran berufliche Teilhabe durch flexible Arbeitszeitmodelle im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention zu ermöglichen.
Schaffung eines Inklusionsfonds
Die Lebenshilfe unterstützt die Forderung des Bundesbehindertenbeirats, der auf die Notwendigkeit einer ausreichenden Finanzierung der NAP-Maßnahmen, insbesondere durch die Schaffung eines Inklusionsfonds hinweist.
Nur mit den erforderlichen Mitteln und einer koordinierenden Stelle, die mit entsprechenden Kompetenzen und Ressourcen ausgestattet ist, kann es zu einer bundeseinheitlichen Umsetzung der im NAP formulierten Ziele kommen, um Inklusion gelebte Realität werden zu lassen.