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Lebenshilfe drängt auf rasche Schritte in Richtung Gehalt statt Taschengeld in Werkstätten

Die Lebenshilfe begrüßt den Bericht der Volksanwaltschaft über die Arbeitssituation von Menschen mit Behinderungen in Werkstätten und fordert mit ihren Selbstvertreterinnen und Selbstvertretern die künftige Regierung auf, soziale Teilhabe für alle Menschen unabhängig von Unterstützungsbedarf umzusetzen. „Ein wesentlicher Schritt dahin die Einführung eines regulären Gehalts statt Taschengeld in Werkstätten: Ohne Gehalt erwirtschaftet man kein Geld, hat keine Sozialversicherung und später keine eigenständige Pension. Menschen mit Lernschwierigkeiten werden so im Status ewiger Kindheit gehalten und sozial ausgeschlossen. Das verletzt die Menschenwürde“, so Albert Brandstätter Generalsekretär der Lebenshilfe Österreich.

Im Sonderbericht der Volksanwaltschaft „Keine Chance auf Arbeit- Die Realität von Menschen mit Behinderungen“ werden die Bundes- und Landesregierungen laut Lebenshilfe zu Recht auf ihre Verpflichtung zur Schaffung eines inklusiven Arbeitsmarktes und die Beseitigung der Missstände hingewiesen. Neben dem Zugang zum ersten Arbeitsmarkt, durch Abschaffung der willkürlichen Arbeitsunfähigkeitsregelung und den eigenständigen sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen soll das bisherige Taschengeld durch neue Entlohnungsmodelle ersetzt werden. Die Lebenshilfe teilt den Befund der Volksanwaltschaft: „Die aktuelle Situation ist nicht nur unbefriedigend sondern nach der UN-Behindertenrechtskonvention und auch nach dem Gleichstellungsgebot der Verfassung auch unzulässig.“

Eine besondere Problematik ortet die Lebenshilfe in der Feststellung der Arbeitsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen nach dem medizinischen Modell: liegt die Arbeitsfähigkeit unter der willkürlichen 50% Grenze ist der einzige Weg jener in eine Beschäftigungstherapie oder man wird zum Nichtstun verurteilt.

Anders als wie bei einem regulären Arbeitsplatz erhalten Menschen mit Behinderungen in Werkstätten nur ein geringes Taschengeld. Das reicht oftmals nicht einmal für einen Frisörbesuch aus. Arbeitsrechtliche Vorschriften gelten hier nicht. Obwohl Werkstätten geregelte Arbeitszeiten vorsehen und die erbrachte Arbeitsleistung oftmals erheblich ist, wird die Tätigkeit aufgrund einer OGH Rechtsprechung, nicht als Arbeit verstanden. Es gibt keine Krankenstände, keinen kollektivvertraglichen Lohn. Die Höhe des Taschengeldes reicht von € 5,- bis in ganz seltenen Fällen € 200,-.

Albert Brandstätter betont: „Diese Praxis ist nicht von den Organisationen der Behindertenhilfe gewählt, sondern von den Bedingungen der Fördergeber her beeinflusst. Die zugrundeliegenden Gesetze verunmöglichen letztlich eine Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt. Daher fordern wir einen inklusiven und für Menschen mit Behinderungen durchlässigen Arbeitsmarkt, die Aufhebung der willkürlichen 50%-Grenze der Arbeitsfähigkeit und einen gut vorbereiteten Übergang in ein neues System der Entlohnung. Dafür sollte es ein Projekt von Bund und Ländern mit entsprechender juristischer und sozialwissenschaftlicher Begleitung geben. Die Lebenshilfe ist gerne bereit, Ihre Expertise hier einzubringen.“