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Schweiz: Für die kommende Sommersaison ist erneut eine Zusammenarbeit mit der Stiftung Säntisblick in Degersheim geplant, in der zurzeit 100 Menschen mit Beeinträchtigung leben.
«Es war eine einzigartige Chance für uns, die wir unbedingt wahrnehmen wollten», sagt Tatjana Schaich. Sie begleitete als Projektleiterin von April bis Oktober 2019 drei Menschen mit Beeinträchtigung der Stiftung Säntisblick in Degersheim bei einem Arbeitseinsatz beim Baumwipfelpfad Neckertal. Die Anfrage dazu sei von Sonja Schläpfer, der damaligen Geschäftsleiterin des Baumwipfelpfades gekommen, die zuvor für die Stiftung Säntisblick gearbeitet hatte.«Sie wusste daher, wie wichtig die berufliche Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigung auf dem Arbeitsmarkt ist und machte uns den Vorschlag, während der Hochsaison mitzuwirken», erläutert Tatjana Schaich. Die Auswertung dieses Einsatzes sei von beiden Seiten sehr positiv ausgefallen, sodass einer Fortführung der Zusammenarbeit in diesem Sommer nichts im Wege stehe.

Verständnis und Akzeptanz schaffen

Obwohl sich die Arbeitszeit jeweils auf den Donnerstagmorgen beschränkte, waren die Einsatzmöglichkeiten beim Baumwipfelpfad vielfältig. So halfen die drei Teilnehmenden beispielsweise bei der Fertigstellung von Schlüsselbundanhängern oder von anderen Souvenirartikeln mit. Ausserdem gingen sie bei den Vorbereitungen für Gruppenreservationen den Mitarbeitern des Baumwipfelpfades zur Hand und halfen bei Arbeiten in den Bereichen Unterhalt und Hauswirtschaft.

Zudem übernahmen sie Aufgaben in der Administration, wie das Frankieren von Couverts oder das Anfertigen von Gutscheinen. «Unser Ziel für diese Saison ist, dass wir auch im Shop beim Verkauf von Souvenirs mithelfen können, sodass wir vermehrt in direktem Kontakt mit den Gästen des Baumwipfelpfades sind», sagt Tatjana Schaich.
Die Gäste hätten den Kontakt mit den Mitarbeitenden des «Säntisblick» positiv wahrgenommen und geschätzt. «Für uns ist es eine gute Gelegenheit, um Aufklärungsarbeit zu leisten und damit Verständnis und Akzeptanz in der Gesellschaft zu schaffen.» Denn ein solcher Arbeitseinsatz schafft für die Gäste des Baumwipfelpfades einen Begegnungsraum, in welchem sie mit Menschen mit Beeinträchtigung in Kontakt treten können.

Individuelle Ressourcen entdecken und stärken

Der Wert eines solchen Projekts ist für Tatjana Schaich unbestritten. Denn die Arbeit beim Baumwipfelpfad biete für die Betreuten des «Säntisblick» zahlreiche Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln. «Für sie ist es eine einzigartige Gelegenheit, sich persönlich zu entfalten, ihre individuellen Ressourcen zu entdecken, zu erweitern und zu stärken», sagt sie. Dazu gehörten insbesondere der Ausbau von Sozialkompetenzen wie Selbstwahrnehmungs-, Kommunikations-, Beziehungs-, Kooperations- sowie Team- und Lernfähigkeit.

«Wir sind uns bewusst, dass nicht alle Menschen mit einer Beeinträchtigung im allgemeinen Arbeitsmarkt teilhaben können. Solche Projekte helfen aber zu erkennen, dass ein grosser Teil dennoch einen wirtschaftlich wertvollen Beitrag in der Zusammenarbeit mit Personen ohne Beeinträchtigung leisten kann», ist Tatjana Schaich überzeugt.

«Sie merken, dass sie gebraucht werden»

«Durchs Band positiv.» So schildert Ricco Donatsch, stellvertretender Geschäftsleiter des Baumwipfelpfads, seine Erfahrungen während des Arbeitseinsatzes. «Die Betreuten des ‹Säntisblick› waren immer freundlich und fleissig und hatten offensichtlich auch Spass bei der Arbeit», sagt Donatsch. Er finde es wichtig, dass man Menschen mit einer Beeinträchtigung einen strukturierten Arbeitseinsatz ermögliche. «So merken sie, dass sie gebraucht werden und sie waren, insbesondere bei leichten, handwerklichen Arbeiten, wie bei der Fertigung von unseren Baumwipfelpfad-Medaillen, eine grosse Unterstützung.»

Während der ganzen Zeit wurden die drei von der gleichen Mitarbeiterin begleitet. «Vreni Ramsauer hat sich sofort für das Projekt begeistert und sich dafür eingesetzt, dass sie mit den beeinträchtigten Menschen zusammenarbeiten darf», sagt Ricco Donatsch. Dass es immer die gleiche Mitarbeiterin gewesen sei, habe der Zusammenarbeit eine gewisse Konstanz gegeben, da sich die drei Menschen mit Beeinträchtigung nicht immer an eine neue Person hätten gewöhnen müssen.

Durchmischte Besucherreaktionen

Die Reaktionen der Besucher erlebte Ricco Donatsch gemischt. «Die meisten reagierten sehr positiv und es entwickelten sich gute Gespräche.» Vereinzelt habe es leider auch Besucher gegeben, die sich negativ über die Zusammenarbeit geäussert hätten. Es seien für den Baumwipfelpfad doch bloss günstige Arbeitskräfte, welche ohnehin nur Reinigungsarbeiten ausführen würden.

«Es ist mir an dieser Stelle ein Anliegen zu betonen, dass wir uns bewusst dagegen entschieden haben, solche Arbeiten den Menschen mit Beeinträchtigung zu übergeben. Sie unterstützen uns vor allem bei repetitiven Arbeiten, wofür wir sehr dankbar sind», sagt Ricco Donatsch.

Eine Ausweitung des Aufgabenbereichs sei auch von Seiten des Baumwipfelpfads durchaus denkbar. «In welchen Bereichen genau das sein könnte, müssen wir herausfinden und es einfach ausprobieren.»

Quelle: www.tagblatt.ch/