Das geschriebene Wort kann eine Hürde sein. Damit möglichst viele Menschen trotzdem das Gelesene verstehen, werden einige Texte in besonderer Form angeboten. Dabei ist noch Luft nach oben.
Nach Einschätzung von Experten sollte es mehr Leseangebote in sogenannter Leichter Sprache geben. Das könnte vielen Menschen zugute kommen: Einer Studie zufolge hatten im vergangenen Jahr bundesweit rund 6,2 Millionen der Deutsch sprechenden Erwachsenen Probleme beim Lesen und Schreiben. Ein Forscherteam der Uni Mainz geht derzeit der Frage nach, wie Texte in Leichter Sprache verbessert werden können.
„Leichte Sprache ist eine vereinfachte Form der deutschen Sprache“, erläutert Christian Glade vom Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe Bremen. Konkret heißt das: Kurze Sätze, kurze Wörter, keine Fach- oder Fremdwörter. „Weil wir das bei unserer Zielgruppe nicht voraussetzen können.“
Deutsch neu lernen
Mit Leichter Sprache sollen Menschen erreicht werden, die mit Texten normalerweise Probleme haben. Das seien vor allem Menschen mit geistiger Behinderung, sagt Glade. „Natürlich können andere Menschen auch davon profitieren.“ Dazu gehörten beispielsweise solche, die Deutsch neu lernten oder Demenzerkrankte.
Seit etwa einem Jahr forscht ein Graduiertenkolleg der Universität Mainz zur Leichten Sprache. Es will unter anderem herausfinden, wie entsprechende Texte kognitiv verarbeitet werden und noch besser verständlich gemacht werden können. Bei ihrer Forschung setzt das zehnköpfige Team auf moderne Technik. Es misst die Hirnaktivität bei Probanden, erfasst, welche Hirnregion aktiv ist oder registriert die Augenbewegungen beim Lesen.
Erste Zwischenergebnisse gebe es bereits, sagt die Sprachwissenschaftlerin Silvia Hansen-Schirra. Sie und das Team seien der Frage nachgegangen, wie zusammengesetzte Worte beim Lesen besser verstanden werden können. Denn bei Leichter Sprache würden Worte wie „Großmutter“ bislang entweder mit einem Bindestrich („Groß-Mutter“) oder mit einem sogenannten Mediopunkt („Groß·mutter“) geschrieben. Tests zeigten nun: „Der Bindestrich führt eher zu Falschinterpretationen.“ Der Mediopunkt hingegen erleichtere das Verstehen.
Eine komplexe Sprache
Deutsch sei eine sehr komplexe Sprache, sagt Hansen-Schirra. Bei einigen Formulierungen komme zum Beispiel die entscheidende Information erst am Ende eines Satzes. „Beim Lesen müssen diese Informationen im Arbeitsgedächtnis lange aktiviert bleiben. Das ist für Standardsprecher kein Problem.“ Für Menschen, die eine sprachliche oder geistige Barriere hätten, hingegen schon.
Die Fachleute sind sich deshalb einig: Es sollte deutlich mehr Leseangebote in Leichter Sprache geben. „Der Freizeitbereich ist noch absolut unterversorgt“, erklärt Glade. Es gebe etwa nur wenige Romane in Leichter Sprache. Auch die Sprachwissenschaftlerin sieht bei kreativen Texten wie Kinderbüchern und Krimis noch Luft nach oben.
Vor allem im medizinischen Bereich müsse es zudem mehr Angebote geben, sagt Hansen-Schirra. „Das ist ein Bereich, der ist kaum mit Leichter Sprache ausgestattet.“ Aber auch Menschen mit Leseproblemen müssten Aufnahmebögen unterschreiben oder wollten Informationsblätter zu Krankheiten verstehen. „Das steht alles unter dem Dach der Teilhabe.“
Quelle: faz.net