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Nationalratspräsident Sobotka eröffnet im Parlament Konferenz zu Barrierefreiheit

Von 22. bis 25. Februar 2022 findet die Zero-Projekt Konferenz statt. Auf Englisch heißt sie: Zero Project Conference. Zero bedeutet Null. Zero Projekt hat zum Ziel, dass es keine Barrieren mehr für Menschen mit Behinderungen gibt. Die Konferenz hat dieses Jahr den Titel: Inklusion, Barrierefreiheit, Digitalisierung. Es geht also um Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, um den Abbau von Barrieren und um die Möglichkeiten, die die Digitalisierung für Menschen mit Behinderungen bringt.

Die Konferenz wird am 22. Februar von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka eröffnet, gemeinsam mit dem Gründer von Zero Project, Martin Essl. Die Konferenz wird in der Wiener UNO-City sein.

Die Auftaktveranstaltung im Parlament in der Hofburg und die ganze Konferenz wird online übertragen.

Hauptredner der Tagung wird der Universitätsprofessor und Inklusions-Experte Thomas William Shakespeare sein. Er wird über die Herausforderungen für die Schaffung von Barrierefreiheit im 21. Jahrhundert sprechen. Dabei wird er auch auf die Einschränkungen im Zusammenleben eingehen, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind.

Konkrete Lösungen für mehr Barrierefreiheit

Bei der Konferenz werden 5 internationale Projekte präsentiert. Die konkreten Lösungen für mehr Barrierefreiheit werden von diesen Personen vorgestellt:

  • Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) stellt das Online Service für Barrierefreiheit der kroatischen Hauptstadt Zagreb vor:

Weil es für Menschen mit Behinderungen oft schwierig ist, sich in einer Stadt zurechtzufinden, hat die Stadt Zagreb ein Online-Service für mehr Barrierefreiheit geschaffen. Es zeigt an, ob Gebäude barrierefrei sind, ob sich auf Straßen Hindernisse wie etwa Stufen oder hohe Randsteine befinden und gibt in Echtzeit Informationen über (barrierefreie) Busse und Straßenbahnen. Die verantwortliche Initiatorin Marinka Bakula Anđelić berichtete, dass das Service in Zukunft zu einer Crowdsourcing-Plattform ausgebaut werden soll, sodass Freiwillige noch mehr Daten bereitstellen können. Sie zeigte sich bereit, andere Stadtverwaltungen bei der Erstellung eines solchen Services zu unterstützen.

Das Projekt habe den Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer (FPÖ) auf Anhieb angesprochen, berichtete Michael Fembeck von Zero Project, der für den entschuldigten Präsidenten sprach. Es sei für Hofer besonders interessant gewesen, dass es sich um eine mittelgroße Stadt handle, die auch ein Vorbild für österreichische Städte sein könne. Hofer plane eine Reise nach Zagreb, um sich das Projekt im Detail anzusehen und möchte BürgermeisterInnen in Österreich motivieren, das Service umzusetzen. Konkretes Interesse gebe es bereits von der Stadt Wels.

  • Die ÖVP-Abgeordnete Kira Grünberg wird die in Dänemark entwickelte App “BeMyEyes” für blinde und sehbehinderte Menschen präsentieren:

Mit der App BeMyEyes aus Dänemark können sehende Freiwillige die Augen für blinde oder sehbehinderte Menschen sein. Das Service verbindet einen blinden Menschen per Video-Anruf mit einem sehenden, der dann beschreibt, was er sieht. Das Überprüfen eines Ablaufdatums oder das Lesen einer Gebrauchsanweisung wird damit etwa ermöglicht. Die App wird aber auch von Unternehmen eingesetzt, etwa für barrierefreies Kundenservice. Über 400.000 blinde und sehbehinderte UserInnen und über 6 Mio. sehende Freiwillige nutzen derzeit die App, legte Initiator Kerns Lane dar. Für ihn repräsentiert jeder Anruf einen Moment einer Barriere, aber auch eine gute Tat, die geleistet wird. Die Teilnahme sei eine bereichernde Erfahrung für alle Freiwilligen, die dadurch buchstäblich eine andere Perspektive vor Augen geführt bekommen.

Es gebe unzählige Momente, wo man sich als blinder oder sehbehinderter Mensch die Augen eines Sehenden ausborgen möchte, sagte die Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP). Doch auch die Freiwilligen würden durch dieses Service Barrieren erkennen – Barrieren, die vielleicht in Zukunft abgebaut werden können. Sie werde sich dafür einsetzen, die App auch in Österreich noch bekannter zu machen, sicherte sie zu.

  • SPÖ-Abgeordnete Verena Nussbaum präsentiert den süd-australischen Online Accessibility Toolkit. Da geht es um den einfacheren Zugang zu Online-Angeboten im Internet.

Die Regierung Südaustraliens hat ein Online-Accessibility-Toolkit geschaffen, das bei der Erstellung von barrierefreien Websites und Online-Services helfen soll. Es ist frei zugänglich und enthält Anleitungen zu Themen wie Design oder User Experience. Erstellt wurde das Toolkit, das mittlerweile auch Regierungen anderer Länder eingesetzt haben, gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen. Das Toolkit sei entstanden, nachdem ein neues Gesetz für Barrierefreiheit in Kraft getreten sei, erzählte Eva Balan-Vnuk von der südaustralischen Regierung. Es sei darum gegangen, Barrieren für Menschen mit Behinderungen im digitalen Raum abzubauen, aber auch, Barrieren für die ErstellerInnen der Websites zu verringern. Sie hob die starke Einbindung der Community bei der Erstellung des Services hervor.

Die Abgeordnete Verena Nussbaum (SPÖ) bedauerte, dass Barrierefreiheit oft erst bedacht werde, wenn eine Website bereits fertiggestellt sei. Es sei aber wichtig, sie von Beginn an zu implementieren. Sie werde ihre Möglichkeiten als Mandatarin nutzen, um die Barrierefreiheit von Websites in Österreich, allen voran jenen der Bundesregierung, voranzutreiben.

  • Grünen-Abgeordnete Heike Grebien zeigt die Spracherkennungs-Applikation “Voiceitt” aus Israel. Das ist eine App für Menschen mit sprachlichen Beeinträchtigungen.

Voiceitt ist eine Spracherkennungs-App, die es Menschen mit Sprachbehinderungen ermöglicht, mit ihrer eigenen Stimme und direkt mit anderen zu kommunizieren. Mithilfe von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz erkennt die Smartphone-App die einzigartigen Sprachmuster ihrer NutzerInnen und ermöglicht es ihnen, ohne VermittlerInnen mit anderen zu kommunizieren. Je mehr Menschen die App nutzen, desto größer wird die Zahl an Sprachproben und desto intelligenter und effektiver wird die KI-Technologie. Künftig soll die Technologie auch Gesundheitsberufen zur Verfügung gestellt werden, um die App für die Kommunikation mit KlientInnen und PatientInnen zu nutzen.

Es sei das Ziel von Voiceitt, Menschen glücklicher und unabhängiger zu machen, betonte heute Sara Smolley, Mitgründerin von Voiceitt. Die App ermögliche Menschen, eine neue Lebensqualität zu erreichen und autonomer zu werden.

Bisher habe eine Software gefehlt, die schwer verständliche, undeutliche Sprache verstehen kann und es Menschen mit starken Sprachbeeinträchtigungen ermöglicht, mit ihrer eigenen Stimme zu kommunizieren und Geräte zu steuern, betonte Nationalratsabgeordnete Heike Grebien (Grüne). Mit der App werde die Selbstständigkeit und Lebensqualität der NutzerInnen erheblich verbessert.

  • NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler präsentiert “Eye Harp” aus Spanien. Das ist ein digitales Musikinstrument, das man mit den Augen steuern kann.

Für das Spielen der meisten Musikinstrumente sind ausgezeichnete motorische Fähigkeiten notwendig. Dadurch ist das Erlernen und Spielen von Musik für Menschen mit körperlichen Behinderungen allzu oft unzugänglich. Das digitale Musikinstrument Eyeharp möchte dem entgegen treten. Gesteuert durch die Augen- oder Kopfbewegungen der SpielerInnen können diese eine Melodie spielen, indem sie einfach auf die auf dem Bildschirm angezeigten Noten schauen. Das Instrument besteht aus einem Eye-Tracking-Gerät, das mit einer intuitiven musikalischen Schnittstelle kommuniziert.

Musik habe in ihrem Leben immer schon eine wichtige Rolle gespielt, sie geprägt und ihr viel Kraft gegeben, begründete Nationalratsabgeordnete Fiona Fiedler (NEOS) ihre Unterstützung für Eyeharp. Sie werde das Projekt auch künftig unterstützen und sich dafür einsetzen, dass möglichst viele Menschen von Eyeharp profitieren.

50 Mio. Menschen weltweit haben aufgrund einer motorischen Beeinträchtigung keinen Zugang zu konventionellen Musikinstrumenten, erklärte Zacharias Vamvakousis, Gründer und Geschäftsführer der Non Profit Organisation EyeHarp Association. Die “Augenharfe” gebe Menschen den Zugang zum Spielen von Musikinstrumenten. Dies sei insbesondere wichtig, weil Musizieren die Wahrscheinlichkeit von Angststörungen und Depressionen reduziere und sich positiv auf das Selbstvertrauen und die sprachlichen Fähigkeiten auswirke.