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Herr Rudolf ist kein Revoluzzer, denn als lang gedientem Kommunalpolitiker und Behindertenbeauftragtem des Landkreises Tübingen weiß er, dass gut Ding` oft Weile braucht. Die Erlebnisse auf dem Stuttgarter Flughafen ließen aber den letzten Geduldsfaden reißen.

Elektrorollstuhl befördern

Schon beim Check-in sei erst nach langem Hin und Her jemand bereit gewesen, seinen gut 100 Kilogramm schweren Elektrorollstuhl auf das vorgeschriebene Förderband für sperriges Gepäck zu wuchten.
Bei der Rückkehr gut zwei Wochen später wurde er nach der Landung im Flugzeug auf einem Spezialstuhl festgeschnallt und von zwei Personen in der Dunkelheit und bei Schneetreiben über eine nasse Treppe hinausgetragen.
"Die Mitarbeiter waren freundlich und bemüht, aber dieses Verfahren ist für Träger und Getragenen schlichtweg gefährlich", findet Herr Rudolf.
Selbst an kleinen Regionalflughäfen wie auch an seinem Urlaubsziel Teneriffa seien für solche Zwecke längst Hublifter im Einsatz. Hublifter sind eine Art Hebebühne, die direkt mit dem Rollstuhl befahren werden kann.
Rudolf berichtet, dass er mehrfach aufgrund seiner Erfahrungen als Flugpassagier mit dem Stuttgarter Flughafen über solche Verbesserungsmöglichkeiten gesprochen habe. Passiert sei allerdings nichts.

Petition gegen Tragetechnik und für Hublifter

Schon im Jahr 2012 war das Thema auch Gegenstand einer Petition an den Landtag. Einstimmig votierte der Petitionsausschuss seinerzeit für die Anschaffung von Hubliftern am Stuttgarter Flughafen.
Bei einem Termin vor Ort testete der SPD-Abgeordnete Sascha Binder die Tragetechnik und ließ sich vom Flugzeug die Stufen hinunter tragen. Er sprach hinterher von einem "unangenehmen Gefühl" und davon, dass er Rollstuhlfahrer verstehe, wenn sie dies ablehnten.
Bei diesem Termin war auch Ger Weimer anwesend. Er ist der Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen in Baden-Württemberg.

Anschreiben

Weimer stellte in einem Schreiben an den Aufsichtsratsvorsitzenden des Flughafens, Verkehrsminister Winfried Hermann, und dessen Stellvertreter, Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn, klar: "Es geht letztlich um den Umgang mit Passagieren und die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung".
Weimer meinte, dass sogar in Birma, wo er kürzlich einen Urlaub verbracht hatte, modernste Technik für Flugpassagiere mit Behinderung zum Einsatz komme. Da könne es doch nicht sein, "dass wir in Baden-Württemberg das nicht hinbekommen."

Das Flughafen Management wehrt sich gegen Vorwürfe, da Service besteht

Der Flughafen will sich den Vorwurf der Ignoranz und Untätigkeit nicht auf sich sitzen lassen.
Menschen mit Behinderung oder anderem Unterstützungsbedarf könnten schon vorab einen kostenfreien "Boarding Support" vom Check-in bis zum Flieger durch den Flughafen-Dienstleister Airport Ground Services bestellen. Dieses Angebot nehmen im Jahr rund 40.000 Flugpassagiere in Anspruch.
Als Ergebnis des Petitionsverfahrens habe man zudem eine behindertengerechte Toilette im Ankunftsbereich eingerichtet.
Das Problem des Ein- und Ausstiegs betreffe nur Flugzeuge, die nicht an den barrierefreien Terminals, sondern auf sogenannten Außenpositionen auf dem Flugfeld stehen – also hauptsächlich Maschinen von Billigfluglinien. Man habe zudem die Erfahrung gemacht, dass es unter Menschen mit Behinderung unterschiedliche Vorlieben gebe und einige den "Treppensteiger" gegenüber anderen Lösungen sogar bevorzugten, so Schumm: "Wir haben das deshalb als beste Lösung erachtet."

Neuer Service folgt

Nach langem Hin und Herr kommt man nun dem Wunsch demnächst nach und wird Hublifter einsetzen.
Laut Management sind die Geräte bestellt und würden bald geliefert. Bis das Personal instruiert ist und die Abläufe eingespielt sind, könnten weitere fünf bis sechs Wochen vergehen.
Es sollte also ab dem späteren Frühjahr 2015 möglich sein, mittels Hublifter das Flugzeug zu besteigen oder zu verlassen.
(Quelle: Südwest Presse, Flughafen bietet Menschen mit Behinderungen bald besseren Service, Stephfan Gokeler, 16.2.2015)
(von KI-I)