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Miteinander wachsen und sich entwickeln – das ermöglicht eine besondere Dienstleistung der „Tagesmütter Graz-Steiermark, gemeinnützige Betriebs GmbH“. Seit mehr als 15 Jahren betreuen MIKADO-Tagesmütter Kinder mit und ohne Behinderung. Das österreichweit einzigartige Modell ist eine Erfolgsgeschichte. Und wie beim japanischen Stäbchenspiel „Mikado“ sind Geduld, Aufmerksamkeit und Übersicht – vor allem aber auch Freude beim Suchen von Lösungen – notwendig.
Inklusive Kinderbetreuung auf professioneller Grundlage – so lässt sich die Arbeit der derzeit rund 60 MIKADO-Tagesmütter in der Steiermark mit sachlichen Worten beschreiben. Was sich dahinter aber an konkreten Lebenserfahrungen für Kinder, Eltern und MIKADO-Tagesmütter verbirgt, wird im Gespräch mit DSA Brigitte Schnepf-Freidl spürbar. Sie ist Leiterin der Abteilung Jugendwohlfahrt und Behindertenhilfe bei TAGESMÜTTER STEIERMARK.

„Kinder sind die besten Lehrer“

„Es kann viel gelingen, wenn es um echtes Interesse für das Kind geht“, betont die Expertin. Und erzählt von den vielen Erfahrungen, die die Arbeit der MIKADO-Tagesmütter prägen. Die Kleingruppe einer MIKADO-Tagesmutter umfasst höchstens vier Kinder zeitgleich, eine Durchmischung von Kindern mit und ohne Behinderung ist Grundlage, das bedeutet, es können zwei Kinder mit einer Behinderung anwesend sein.
Betreut werden Kinder im Alter von 0 bis 15 Jahren. Das Kind mit Behinderung erfährt, wie jedes andere auch, dass es in der Gruppe wichtig und willkommen ist, wenn die anderen Kinder nachfragen, weil es etwa krank ist. Es wird spür- und erlebbar, dass jedes Kind in der Gruppe „etwas kann“ – auf verschiedene Weise. Grenzen und Berührungsängste werden abgebaut. Verschieden zu sein, wird zur Normalität. Jeder Tag miteinander wird zum Best-Practice-Beispiel gegen den defizitorientierten Ansatz, mit dem Menschen mit Behinderung noch immer begegnet wird. „Kinder sind die besten Lehrer“, bringt es Schnepf-Freidl auf den Punkt. Um dann noch berührt hinzuzufügen: „Es passieren immer wieder Wunder.“ Und dann ist es sogar möglich, ein Kind, das zusätzlich ein Beatmungsgerät braucht, in der Gruppe aufzunehmen. MIKADO steht für familiennahe Betreuung für alle Kinder, eben auch für Kinder mit Behinderung, durch eine speziell fortgebildete und begleitete Tagesmutter, fasst die Expertin zusammen.

Eltern

Doch nicht nur für die Kinder ist das Miteinander eine Bereicherung, auch die Eltern profitieren von der Arbeit der MIKADO-Tagesmütter. Sie erfahren dadurch natürlich Entlastung. Was aber noch viel wichtiger ist: Sie erleben ihre Kinder gestärkt, selbstbewusster und ausgeglichener. „Die Vertrauensbasis zwischen Eltern und Betreuungspersonen ist der Nährboden für eine positive Entwicklung der Kinder“, erklärt Schnepf-Freidl. Die Rückmeldungen der Eltern zu dieser Form von Kleingruppenbetreuung und Integration sind geprägt von Begeisterung und Wertschätzung sowie Hochachtung vor der Leistung, die von unseren Tagesmüttern erbracht wird“, so Schnepf-Freidl.

Umfangreiche zusätzliche Qualifizierung

Interesse für das Kind muss mit fachlicher Qualifizierung untermauert werden. MIKADO-Tagesmütter müssen sich nach einigen Jahren Berufserfahrung als Tagesmutter einem Auswahlprocedere stellen, um dann die sozial- und heilpädagogische Zusatzausbildung beginnen zu können: Diese dauert zwei Jahre und umfasst neben theoretischen fachlichen Inputs, Einblick in einschlägigen Institutionen auch eine Abschlussarbeit.
Inhalte der Fortbildung sind Fachwissen aus der Heilpädagogik, psychosoziale Themenstellungen und Themen aus den Handlungsfeldern „Kinder und Familie“. Spielerisches und kreatives Gestalten, gezielte Übungen und Aktivitäten, Selbsterfahrung und das Ausprobieren von Methoden und Techniken – „verantwortungsbewusste Arbeit muss in die Hände von bestens geschultem Personal gelegt werden“, resümiert Schnepf-Freidl. Erwähnenswert sind noch die vielen Diskussionen, Fachgespräche, Fallbesprechungen und Abendstunden mit persönlichem Austausch – und das an Freitagen, Samstagen und manchmal auch Sonntagen. Um die Qualität der Arbeit gewährleisten und aktuell auftretende Probleme bewältigen zu können, nehmen MIKADO-Tages-mütter verpflichtend an den regelmäßigen Supervisionsrunden teil. Eine Dokumentation über den Verlauf der Betreuung und damit auch über die Entwicklung der Kinder ist selbstverständlich.

Das Unternehmen

TAGESMÜTTER STEIERMARK wird als gemeinnützige Betriebs GmbH geführt. Neben der Landesgeschäftsstelle in Graz gibt es zwölf Regionalstellen in der gesamten Steiermark. Derzeit betreuen rund 350 Tagesmütter und -väter ca. 1700 Kinder.
Die Ausbildung zur Tagesmutter bzw. zum Tagesvater und zur KinderbetreuerIn ist im Steiermärkischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz verankert. Sie umfasst bei TAGESMÜTTER STEIERMARK 325 theoretische Unterrichtseinheiten und 160 Stunden Praktikum bei einer Tagesmutter bzw. einem Tagesvater und ein Praktikum in einer anderen Kinderbetreuungseinrichtung. Jährlich schließen 80 bis 100 Absolventinnen und Absolventen die Ausbildung ab. Eine Tagesmutter oder ein Tagesvater betreut bis zu vier Kinder in ihrem  bzw. seinem eigenen Haushalt oder als Betriebstagesmutter / Betriebstagesvater in den Räumlichkeiten eines Betriebes. Die Betreuungskosten für eine MIKADO-Betreuung übernimmt die Steirische Behindertenhilfe.
Weitere Informationen:
Telefin: +43 (0) 316 / 671 460 – 18
E-Mail b.schnepf@tagesmuetter.co.atWWW: www.tagesmuetter.co.at (von Gerhard Einsiedler in der Zeitschrift "Behinderte Menschen" 6/2013)