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Das Netzwerk "Barrierefreies OÖ" informiert über Erfolge und anstehende Themen:

Anpassbarer Wohnbau ab drei Wohnungen in Wohnhaus

"Als wichtige positive Auswirkung der Aktivitäten des Netzwerks Barrierefreies OÖ ist nun im aktuellen Entwurf des oberösterreichischen Bautechnikgesetzes vorgesehen, dass in Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen die Wohnungen so zu planen und auszuführen sind, dass sie gegebenenfalls mit minimalem Aufwand barrierefrei ausgestattet werden können", so Konsulent Ing. Hannes Wiesinger. Wiesinger ist Sachverständiger für Barrierefreies Planen und Bauen. Er meint, dass es noch offen ist, wer die Kosten für die Adaptierungskosten dieses anpassbaren Wohnbaus übernimmt.

Richtlinie 4 des ÖIB bis auf Lift-Regel  übernommen

Gunther Trübswasser (SOS Menschenrechte) ergänzt, dass nicht alles eitel Wonne sei. "Jubelmeldungen einzelner politischer Parteien, … dass es mit der Barrierefreiheit in Oberösterreich nun zum Besten stehe", seien nicht gerechtfertigt. Trotz Forderungen des Netzwerks wird ein verpflichtender Einbau eines Lifts in Wohnhäusern mit mehr als zwei Obergeschossen nicht vorgesehen, obwohl die bundesweit gültige Richtlinie 4 des Österreichischen Instituts für Bautechnik diese Regel vorsieht. Es bleibe in Oberösterreich bei der bisherigen Regelung, laut der Aufzüge bei Wohnhäusern eingebaut werden, die mehr als drei Obergeschosse haben.
Bis auf verpflichten Einbau von Aufzügen ab zwei Obergeschossen wird die Richtlinie 4 ins neue OÖ. Bautechnikgesetz übernommen.

Folgende Verschlechterungen sind geplant

Das neue OÖ. Bautechnikgesetz 2012 ist derzeit in einer Regierungsvorlage. In dieser sowie im Begutachtungsentwurf zur OÖ. Bautechnikverordnung 2013 sind einige Punkte geplant, die die Barrierefreiheit verschlechtern:

Rampen

Rampen innerhalb von Gebäuden dürfen 10% Steigung haben. Das sind 4% mehr als bisher vorgeschrieben. Das Netzwerk weist darauf hin, dass bei solchen Steigungen die Wahrscheinlichkeit steigt einen Unfall zu erleiden und, dass dies ignoriert wird.

Handläufe bei Treppen

Bisher wurden bei Treppen beidseitig Handläufe montiert. Aus Kostengründen soll in Häusern, wo es Personenaufzüge gibt, zukünftig bei Treppen nur mehr an einer Seite ein Handlauf montiert werden. Diese Einsparung stellt für BewohnerInnen ein großes Sicherheitsrisiko dar, wenn der Aufzug defekt ist oder wenn es brennt.

Bewegungsflächen vor Türen

In Zukunft können Bewegungsflächen vor Türen entfallen, wenn "Leerverrohrungen für den nachträglichen Einbau von elektrischen Türöffnern" eingebaut werden. Hier ist unklar, wer die Adaptierungskosten übernimmt.

Gastgewerbe

Gastgewerbliche Betriebe mit weniger als 26 Verabreichungsplätzen müssen zukünftig nicht barrierefrei ausgeführt werden.

Bauwerke für weniger als 50 BesucherInnen täglich

Bauwerke für mindestens 50 BesucherInnen täglich mussten bisher barrierefrei ausgeführt werden. Das betrifft zum Beispiel viele Geschäfte, Banken, Gemeindeämter, Magistrate. Mit der künftig geplanten Regelung müssen Bauwerke, in denen täglich weniger als 50 BesucherInnen ein- und ausgehen, nicht barrierefrei ausgeführt werden.

Geplante Verschlechterungen entsprechen nicht ÖIB

Ing. Wiesinger attestiert: Die geplanten Verschlechterungen entsprechen nicht den Richtlinien des Österreichischen Instituts für Bautechnik (ÖIB). Die Richtlinien des ÖIB wären gemäß Artikel 15a B-VG Vereinbarung jedoch von den Bundesländern umzusetzen.
Die Argumentation von politischer Seite lautet: Durch die Einsparungen auf Kosten von Barrierefreiheit wird Wohnbau auch für finanzschwache jüngere Menschen leistbar. Hier wird vergessen, dass gerade Familien mit Kleinkindern erheblich von Barrierefreiheit profitieren. Lifte, die eben befahrbar sind und die groß genug sind, ermöglichen die Fahrt zu eigenen Wohnung. Der ebene Weg ermöglicht auch mit dem Kinderwagen oder Einkaufstüten einfach nach Hause zu kommen.
Darüber hinaus stimmt die Argumentation nicht, dass Barrierefreiheit teuer sei. Wenn Barrierefreiheit bei Gebäuden von vornherein bedacht wird, liegen die Kosten dafür bei 1% der Gesamtbaukosten. Das ist wenig.

Verschlechterungen fallen lassen – Barrierefreiheit ermöglichen

Das Netzwerk "Barrierefreies OÖ" fordert, dass alle geplanten Verschlechterungen bezüglich Barrierefreiheit fallen gelassen werden. Das OÖ. Bautechnikgesetz soll die Richtlinien des ÖIB zur Gänze übernehmen.
Adaptierungskosten für Barrierefreiheit bei anpassbarem Wohnbau sollen nicht auf die einzelnen Menschen zurückfallen. Diese Kosten soll der Bauträger übernehmen.
Trübswasser erklärt abschließend: "Barrierefreiheit ist kein Luxus, sondern ein Menschenrecht und einer barrierefrei gestalteten Umwelt profitieren alle Menschen und nicht nur eine Minderheit."

(von Netzwerk "Barrierefreies OÖ")