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Über 15.000 Studierende mit Beeinträchtigung und chronischer Krankheit von 160 Hochschulen in Deutschland nahmen an einer Online-Befragung des Deutschen Studentenwerks teil, deren Ergebnisse dieser Tage veröffentlicht wurden.

Welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen wirken sich aus?

Die Studierenden wurden befragt, welche Beeinträchtigung sich am stärksten auf das Studium auswirkt. Eine Selbsteinschätzung der teilnehmenden Studierenden zeigt diese Verteilung:

  • 45% psychische Beeinträchtigungen 
  • 20% chronisch somatische Erkrankungen (z.B. Allergien, Rheuma, Tumorerkrankungen)
  • 6% Teilleistungsstörungen (z.B. Legasthenie)
  • 5% Sehbeeinträchtigungen
  • 4% Bewegungsbeeinträchtigungen und
  • 3% Hör-/ Sprechbeeinträchtigungen

Bei 13% der befragten Studierenden wirken sich verschiedene Beeinträchtigungen gleich stark auf das Studium aus.
Mehr als die Hälfte der Befragten sagen, dass sich ihre Beeinträchtigung stark auf ihr Studium auswirkt. Die Befragten kommen durchschnittlich etwas langsamer im Studium voran als der Durchschnitt aller Studierenden in Deutschland.

Wer wird von Dritten als beeinträchtigt wahrgenommen?

Obwohl sich die gesundheitliche Beeinträchtigung für mehr als die Hälfte stark auf das Studium auswirkt, ist die Beeinträchtigung bei nur 6% der Studierenden mit Beeinträchtigung auf Anhieb wahrnehmbar. Bei knapp zwei Drittel ist die Beeinträchtigung auch nach längerer Zeit für Dritte nicht wahrnehmbar.
Das zeigt, dass viele optisch oder akustisch kaum wahrnehmbare Beeinträchtigungen vorhanden sind, die trotzdem stark wirken. Damit wäre eine hohe Sensibilität gegenüber Beeinträchtigungen im Hochschulstudium wichtig.

Wieviele haben welche Anforderungen an eine barrierefreie Hochschule?

13% der Befragten brauchen „barrierefreie Erreichbarkeit, Zugänglichkeit, Gestaltung und Nutzbarkeit von Einrichtungen … inkl. der Bereitstellung von Behindertenparkplätzen und der Anbindung an einen barrierefreien Nahverkehr." Für 30% aus dieser Gruppe reicht die vorhandene Unterstützung. Für den Rest ist das nur teilweise oder nicht ausreichend. "Defizite werden insbesondere bei der Nutzbarkeit von Vorlesungsräumen und den Räumen des eigenen Fachbereichs genannt."
38% Befragten fordern beeinträchtigungsbedingt eine angepasste "Akustik, Belichtung oder Belüftung von Räumen". Sie brauchen auch Ruhe- und Rückzugsräume.
1 von 10 Befragten fordert andere Sichtverhältnisse. Für diese Gruppe ist die derzeitige Situation nur für 14% ausreichend und für 65% immerhin teilweise ausreichend.
7% haben "beeinträchtigungsbedingt Anforderungen an die Hörverhältnisse, die zu 7% ausreichend, zu 56% teilweise und zu 38% nicht ausreichend" sind.

Erschwernisse im Studium durch zeitliche und formale Vorgaben

  • 70% der Befragten erleben im Studium Schwierigkeiten mit zeitlichen Vorgaben der Studien- und Prüfungsordnung. Darunter sind überdurchschnittliche viele Studierende mit psychischen Beeinträchtigungen.
  • 61% erleben Schwierigkeiten aufgrund von organisatorischen Vorgaben des Studiengangs. Probleme mit formalen Vorgaben, z.B. mit Anwesenheitspflichten, haben vergleichsweise viele Studierende mit chronischen Krankheiten.
  • 63% haben Studienerschwernisse wegen der Gestaltung von Lehr- und Prüfungssituationen. Mit der Gestaltung von Lehrveranstaltungen haben besonders viele Studierende mit Hör-/ Sprechbeeinträchtigung Schwierigkeiten. Mit der Erfüllung zeitlicher oder formaler Prüfungsbedingungen und mit der Erbringung von Leistungsnachweisen haben überdurchschnittlich viele Studierende mit Teilleistungsstörungen, psychischen Beeinträchtigungen und Mehrfachbeeinträchtigungen Schwierigkeiten.
  • 17% haben Studienerschwernisse bei der Durchführung von Praktika und Exkursionen. Praktika bergen besonders häufig Schwierigkeiten für Studierende mit Bewegungs- und Mehrfachbeeinträchtigungen

Spezielle Begleitangebote

Fast die Hälfte braucht barrierefreie allgemeine Angebote und/oder spezielle Begleitangebote, damit sie beeinträchtigungsbedingte Nachteile ausgleichen können. Zu solchen Begleitangeboten gehören beispielsweise

  • barrierefrei gestaltete Dokumente im Internet
  • besondere Ausleihbedingungen in Bibliotheken
  • Texte in gesprochener Form
  • Studienassistenz (z.B. Vorlesekräfte) oder Kommunikationsassistenz (z.B. Gebärdensprachdolmetscher/innen).

Zusätzlich werden folgende Begleitangebote besonders stark nachgefragt: psychologische Beratungsstellen und eine Campusverpflegung, die die Belange chronisch kranker Studierender berücksichtigt.

Information und Beratung

Etwa die Hälfte der Befragten kennt die einschlägigen Informations- und Beratungsangebote von Studierendenbeauftragten. 40% kennt die Beratungsstellen der Studentenwerke. 34% kennen die Angebote der studentischen Selbstverwaltung.
Obwohl 2 von 3 Befragten starke bis sehr starke Studienerschwernisse wegen der Beeinträchtigung erleben, nutzt nur ein Viertel die Angebote. Das sind besonders Studierende mit Bewegungs- und Sinnesbeeinträchtigungen.
„Studierende mit psychischen Beeinträchtigungen nutzen weit überdurchschnittlich und fast ausschließlich die Beratung der psychologischen Beratungsstellen."
Darüber hinaus kennen und nutzen Studierende mit chronisch-somatischen Erkrankungen oder Teilleistungsstörungen die Beratungsangebote unterdurchschnittlich oft.
Außerdem zeigt die Studie als eklatantes Ergebnis, dass 44% der Studierenden auf notwendige spezifische Beratung verzichten, weil sie ihre Beeinträchtigung nicht preisgeben wollen. 36% der Studierenden verzichten, weil sie sich von den Beratungsangeboten nicht angesprochen fühlen.

Conclusio

Die Studie ist repräsentativ, das heißt aussagekräftig für die Zielgruppe. Insgesamt bildet die Studie sehr viele Themen eines Studiums mit Beeinträchtigung ab. Wichtig scheint eine weitere Individualisierung der Beratungsangebote zu sein. Auf Seiten Studierender scheint eine breit gestreute Information und Sensibilisierung über die Angebote und deren Nutzen sinnvoll zu sein.
Mehr über die Ergebnisse erfahren Sie bei der Befragung zur Situation Studierender mit Beeinträchtigung.
Quelle: Befragung zur Situation Studierender mit Beeinträchtigung (von KI-I)