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Von 30. Juni bis 1. Juli fand im Mariott Hotel in Linz der internationale Kongress „Unabhängiges Leben für ältere Menschen mit Beeinträchtigungen“ statt. Rund 170 TeilnehmerInnen diskutierten mit ExpertInnen aus der ganzen Welt darüber, wie eine integrative Gesellschaft für alle Realität werden kann.
Schon zu Beginn des Kongresses setzte Dr. Max Rubisch, Leiter der Abteilung für Behindertengleichstellung des Bundesministeriums den Grundtenor der Veranstaltung. „Behinderung darf nicht als Problem oder als Makel gesehen werden“, betonte Rubisch und erklärte: „Menschen mit Beeinträchtigungen müssen als Bereicherung für unsere Gesellschaft gelten.“
Durch die Kooperation zwischen der Caritas für Menschen mit Behinderungen (CMB) und der EASPD (European Association of Service Providers for Persons with Disabilities) entstand auf dem Kongress ein intensiver internationaler Austausch. Hier galt es vor allem, die unterschiedlichen Ausgangssituationen der Länder sichtbar zu machen, Best-Practice-Modelle zu vergleichen und Agenden für die Zukunft zu setzen. Da sich die Zahl von älteren Menschen mit Beeinträchtigungen erhöhen wird, müssen Dienstleistungen und Angebote für die Bereiche der professionellen Pflege, der medizinischen Betreuung, aber auch der einfachen Unterstützung im alltäglichen Leben entwickelt werden. Ziel ist, Menschen mit Beeinträchtigungen eine gute Lebensqualität bis ins hohe Alter hin zu ermöglichen.
In Workshops und Seminaren identifizierten die TeilnehmerInnen gemeinsam die Problembereiche, die es zu bewältigen gibt. Einig war man sich, dass der spezialisierte Sektor der Behindertenbetreuung mit dem etablierten Bereich der Altenpflege verknüpft werden muss. Im Bereich „Wohnen“ müssen sich Einrichtungen vom traditionellen Modell der großen Institutionen lösen und hin zum innovativeren „community based living“ entwickeln. Gerhart Hofer von der Kathi-Lampert-Schule erklärte die Problematik der großen Einrichtungen. „Das Paradigma des Beschützens verhindert Entwicklung“, hob Hofer hervor und weiter: „Menschen mit Behinderungen werden dadurch von der Gesellschaft abgeschnitten.“
Auf europäischer Ebene erkannten die TeilnehmerInnen das große Potential, das in der Verknüpfung von Wissen und im Know-How-Austausch liegt. Derzeit werde noch zu wenig praktiziert, Informationen europaweit zugänglich zu machen und sie zusätzlich in leicht lesbarer Sprache anzubieten. In Zukunft sei dies ein Grundpfeiler für Entwicklungen auf dem Gebiet für alternde Menschen mit Beeinträchtigungen.
Neben den fachlichen Schwerpunkten wurde auch ein weiterer Punkt angesprochen, der für die Lebensqualität von Menschen mit Beeinträchtigungen im Alter als signifikant gesehen wurde. Dirk Jarre vom Bund der älteren Generationen Europas (EURAG) setzte sich dafür ein, die aktuell vorherrschenden Werte immer wieder kritisch zu beleuchten. „Werte verändern sich, wenn sich Lebensumstände verändern“, beschrieb er. „Unser Standpunkt stellt das Werterbe dar, das wir allen, die noch geboren werden, weitergeben.“
Auch Mag.a Maria Sumereder, Geschäftsführerin der Caritas für Menschen mit Behinderungen, schloss sich dem an. „Wir müssen uns fragen, in welcher Gesellschaft wir leben wollen und welche Gesellschaft wir für morgen vorbereiten wollen. …, denn Qualität beginnt nicht bei gesetzlichen Bedingungen und bei Quadratmetern, sondern in unseren Herzen.“
(Text und Fotos von Caritas in Oberösterreich)