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Peer-BeraterInnen sind Menschen mit Beeinträchtigungen, die speziell für die Beratung und Begleitung von Menschen mit Beeinträchtigungen geschult werden. Die Schulungen werden vom Land Oberösterreich finanziert. Menschen mit Beeinträchtigungen können mit diesen umfassenden Ausbildungen ihre Beratungskompetenz aufbauen und weiterentwickeln und ihre Erfahrungen mit ihrer Beeinträchtigung und Behinderung an andere Betroffene weitergeben.
Dieser Tage wurden die ersten Peer-BeraterInnen nach dem Oö. Sozialberufegesetz zertifiziert. Viele sind bereits oberösterreichweit im Einsatz, um als Selbstbetroffene andere Menschen mit Beeinträchtigungen zu beraten.

Motivation für Peer-Beratung in Oberösterreich

Anzahl der Leistungsbeziehenden

In Oberösterreich beziehen derzeit rund 8.620 Menschen mit Beeinträchtigung eine Leistung nach dem Oö. Chancengleichheitsgesetz. Beispiele dafür sind die Frühförderung, Arbeit- und Fähigkeitsorientierte Aktivität, Wohnen oder Mobile Betreuung und Hilfe. Insgesamt 5.026 Menschen mit Beeinträchtigungen haben aktuell den Bedarf für eine bzw. mehrere Leistungen angemeldet.

Oö. Chancengleichheitsgesetz

“Mit dem Oö. Chancengleichheitsgesetz konnte ein Meilenstein in der Behindertenpolitik für Menschen mit Beeinträchtigungen in Oberösterreich gesetzt werden”, ist Sozialreferent LH-Stv. Ackerl überzeugt. Es ist mittlerweile seit zweieinhalb Jahren in Kraft. Der entscheidende Meilenstein ist der bereits vor Jahren eingeleitete Paradigmenwechsel hin zur verstärkten Selbstbestimmung von Menschen mit Beeinträchtigungen.
Menschen mit Beeinträchtigungen können beispielsweise im Rahmen der verpflichtend abzuhaltenden Assistenzkonferenz mitbestimmen, welche Unterstützungsleistung sie in welchem Ausmaß benötigen. Für die Assistenzkonferenz können sie im Vorfeld Peer-Beratung in Anspruch nehmen, die vom Land OÖ bezahlt wird.
Darüber hinaus gibt es ein breites Spektrum möglicher Einsatzbereiche, wo Menschen mit Beeinträchtigungen Peer-Beratung brauchen oder nützen können. Das beginnt bei privaten oder lebensbezogenen Themen wie „Wie wohne ich?“ bis hin zu arbeitsbezogenen Fragen, Anliegen oder Problemstellungen.

Oö. Sozialberufegesetz

Mit der Regelung der Ausbildung der Peer-Beratung im Oö. Sozialberufegesetz wurde diesem Berufsbild eine hohe Wertigkeit gegeben und ein Mindestmaß an Qualität sichergestellt. Erstmals wurden Beratungs- und Informationsdienste von Peer-BeraterInnen sowie Angebote zur Aus- und Weiterbildung gesetzlich als ergänzende Leistung verankert.

Die Ausbildung nach dem Oö. Sozialberufegesetz ist einzigartig

Die gesetzliche Festlegung der Peer-Beratung als Beruf im Oö. Sozialberufegesetz ist über die Grenzen Österreichs hinaus einzigartig.  Die gesetzliche Regelung gibt dem Beruf hohen Stellenwert.
Mag. Glaser, Leiter des Empowerment-Centers der Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ erläutert, dass durch die gesetzliche Festlegung das Ausbildungsangebot an Tiefe gewinnt, da ein Mindestmaß an Qualität und Quantität bei der Ausbildung definiert werden. Die TeilnehmerInnen setzen sich vertieft und umfassend mit den inhaltlichen Thematiken auseinander. Das sind einzigartige Merkmale dieses Zertifikats.
Herr Kühbauer, Leiter der Peer-Beratungsausbildungen, erläutert, dass die lebensbiografische Erfahrung der Teilnehmenden an sich Kompetenz bedeutet. Sie wissen, wovon sie sprechen. Wenn man diese Kompetenz mit professionellen und beraterischen Handeln in Zusammenhang bringt, führt das zu hoher Beratungskompetenz bei den Teilnehmenden.
Landeshaupt-Stellvertreter Ackerl erläutert, dass die Ausbildung außerdem an verschiedene Zielgruppen angepasst sei. Konkret fanden bis jetzt zwei unterschiedliche Ausbildungen statt. Eine Peer-Beratungsausbildung für Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung und eine Peer-Beratungsausbildung für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung. Damit gehörlose Menschen an der Ausbildung teilnehmen konnten, wurden GebärdendolmetscherInnen zur Verfügung gestellt. Anderen wurde bei Bedarf eine Persönliche Assistenz während der Ausbildung zur Seite gestellt.
Eine dritte Ausbildung läuft gerade. Diese ist pädagogisch und didaktisch zugeschneidert auf die Bedürfnisse von Menschen, die einfache Sprache benötigen.

Eine Absolventin spricht ….

Eine Absolventin der Peer-Beratungsausbildung erzählt, dass sich durch die Teilnahme an der Ausbildung vieles in ihrem Leben zum Positiven verändert hat. Vor drei Jahren war sie noch in Vollbetreuung. Sie war schüchtern und unsicher als sie die Ausbildung begann. Kaum zu glauben, denn heute sitzt eine junge Frau vor mir, die Selbstbewusstsein ausstrahlt und die stolz erzählt, dass sie in den kommenden Wochen in eine eigene Wohnung zieht. Die Teilnahme an der Ausbildung hat sie als Person gefestigt und gestärkt. Diese Erfahrungen und das erworbene Wissen ermöglichen es ihr anderen Menschen mit Beeinträchtigung zu helfen selbstbestimmter zu leben.

Was folgt

Mag. Glaser erklärt, dass es möglicherweise noch 2011 zur Bildung eines Berufsverbands der Peer-BeraterInnen in Oberösterreich kommt.
Obwohl bisher kaum Öffentlichkeitsarbeit für Peer-Beratung gemacht wurde, da die ersten Peer-BeraterInnen erst dieser Tage fertig ausgebildet sind, zeigen tägliche Anfragen, dass bereits jetzt Nachfrage nach Peer-Beratung besteht. Er geht davon aus, dass diese in den kommenden Monaten steigen werden.
Bereits jetzt wird Peer-Beratung von einigen Trägern wie Exit Sozial, der pro mente und am EMC der SLI OÖ angeboten. Außerdem hat sich mit „Peer Mobil“ eine intensive Kooperation mit der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg gebildet, wo Peer-BeraterInnen Betroffene sowohl vor Ort als auch in der Nachbetreuung beraten und begleiten.
„Es macht nicht nur mich, sondern auch alle meine Peer-Beratungs-KollegInnen sehr glücklich, dass dank des Zusammenwirkens zwischen Land OÖ, FAB Organos und dem Empowerment-Center der Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ aus einer Vision Realität geworden ist und ich bin zuversichtlich, dass die Peer-Beratung wesentlich zur Selbstbestimmung und dem Empowerment von Menschen mit Behinderung  in Oberösterreich beitragen wird“, meint Mag. Wolfgang Glaser vom Empowerment-Center der SLI OÖ.
(von KI-I)