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Beim niederösterreichischen ArbeitnehmerInnen-Parlament richtete Menschenrechtsexpertin Marianne Schulze kürzlich kritische Worte zum Thema inklusiver Arbeitsmarkt an die ZuhörerInnen. Marianne Schulze setzte sich in ihrem Gastvortrag kritisch mit den Beschäftigungsverhältnissen und Barrieren von Menschen mit Beeinträchtigung auseinander. Sie appellierte, mit Offenheit auf Menschen mit Beeinträchtigung zuzugehen und sie bei ihrer individuellen Entwicklung dort zu unterstützen, wo sie Unterstützung brauchen. Die Situation von Menschen mit Beeinträchtigung am Arbeitsmarkt sei jedenfalls noch nicht zufriedenstellend.

Bildung zentraler Schlüssel zum Recht auf Arbeit

Menschen mit Beeinträchtigung müssen besondere Hürden überwinden. Diese beginnen schon in der Schulzeit. "Sie werden oft in Sonderschulen ausgebildet und somit vom mainstream separiert. Dann haben sie nur bis zur neunten Schulstufe die Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Für eine Schulbildung darüber hinaus bedarf es einer individuellen Sondergenehmigung", so die Expertin.

Fünf Dimensionen der Barrierefreiheit

Die Gastreferentin ging bei ihrem Vortrag auf fünf Dimensionen ein, die zur Barrierefreiheit für Menschen mit Beeinträchtigung führen. Die soziale Barrierefreiheit  könne umgesetzt werden, wenn Vorurteile gegenüber Menschen mit Beeinträchtigung endlich abgebaut würden.
Die kommunikative Barrierefreiheit werde erreicht, wenn Menschen mit Beeinträchtigung Zugang zu Kommunikationsmitteln bekommen, die sie individuell benötigen.
Die intellektuelle Barrierefreiheit mache erforderlich, dass Gesetzestexte und so formuliert werden, dass alle Menschen sie verstehen und wissen, was ihre Rechte sind.
Die physische Barrierefreiheit sieht vor, Barrieren durch Rampen, Aufzüge und andere Einrichtungen flächendeckend abzuschaffen.
Besonders betonte die Gastreferentin die ökonomische Barrierefreiheit. Menschen mit Behinderung würden durch die frühe Trennung in der Schule und später im Berufsleben auch strukturell marginalisiert. Vielfach können sie nicht selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen und sind finanziell völlig abhängig von ihrer Familie. Derzeit würden zwischen 19.000 und 20.000 Menschen in "Beschäftigungstherapie" sein. Darüber hinaus sei die Arbeitslosigkeit bei Menschen mit Beeinträchtigung doppelt so hoch wie jene von Menschen ohne Beeinträchtigung. Daher sei es besonders wichtig, die Weichen für inklusives Arbeiten zu stellen. "Inklusives Arbeiten bedeutet, dass es keine separaten Beschäftigungsformen mehr gibt, sondern behinderte Menschen in der gesellschaftlichen Mitte aufgenommen werden", sagt Schulze.   

Recht auf persönliche Assistenz

Das Recht zur Bereitstellung einer persönlichen Assistenz für Menschen mit Beeinträchtigung wäre ein wichtiger Schritt zur Barrierefreiheit. "Wir müssen schauen, welchen Unterstützungsbedarf die Menschen haben und wir brauchen dringend Übergangsphasen, um von Beschäftigungstherapien und Werkstätten hin zum inklusiven, barrierefreien Arbeiten zu kommen", betont die Expertin.
(von AKNÖ-Öffentlichkeitsarbeit, Quelle: OTS)