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Obwohl wir bereits früher einmal über Annette Jablonski berichtet haben, erlauben wir uns Ihnen einen weiteren Artikel über die Künstlerin anzubieten. Seit dem ersten Artikel ist einige Zeit vergangen. Inzwischen hat die deutsche Künstlerin aus Problemen Ideen entwickelt, daraus Lösungen abgeleitet und sich in Auseinandersetzung mit ihrem Ich sich für sich positiv weiterentwickelt. In einem Interview teilt sie ihre Erlebnisse.

Wie haben Sie sich als Künstlerin entwickelt?

„Am Anfang waren meine Bilder sehr einfarbig und dunkel – Schwarz dominierte meist alle anderen Farben. Sie strahlten eine düstere, trostlose, manchmal auch eine wütende und verzweifelte Stimmung aus.“
„In meinen Bildern spiegelten sich all meine oft negativen Gefühle, Schmerzen und Trauer wider, die aus einer erzwungenen Malpause auf Grund höllischer Schmerzen in meinem Arm resultierten. Auf diese Weise konnte ich meinen angestauten Gefühlen Ausdruck verleihen, denn psychologische Gespräche konnten mir nur bedingt weiterhelfen. In dieser Zeit haben mich meine WG-Mitbewohner und Assistenten unterstützt, wo es nur ging. Sie haben mich wieder aufgebaut.“
„Düstere Bilder kommen nur noch selten vor“, erklärt Frau Jablonski und berichtet, dass sie lernen musste, ihre „Behinderung zu akzeptieren, denn nur so konnte ich diesen Wendepunkt erreichen. … Mittlerweile nehme ich mich einfach so, wie ich bin und arrangiere mich mit meiner Spastik.“ Die Künstlerin trägt ihre neu gewonnene Zuversicht und ihren Lebensmut in ihren Werken zur Schau.
Heute beschäftigt sich Annette Jablonski vorwiegend mit Ihrer künstlerischen Tätigkeit. Viele Impulse holt sie sich in ihrer Umgebung, von Menschen, die sie unterstützen und mit ihr zusammenarbeiten.

Was ist Ihnen wichtig bei der Malerei?

„Der Kontakt zu anderen Menschen mit und ohne Behinderung. Der Kontakt und die Anerkennung von anderen Künstlern. Ich kann mich durch die Kunst als vollwertiger Mensch und von der Gesellschaft akzeptiert fühlen.“ Ihr ist das „kreative Arbeiten mit den Farben“ ebenso wichtig wie die „Freude, wenn ein Bild fertig geworden ist und der Überraschungseffekt, wenn ein Bild anders oder besser geworden ist als erwartet.“
Auch abseits der Malerei möchte Frau Jablonski ihre „Träume und Ziele verwirklichen. Andere Leute sollen sehen, dass auch ein Rollstuhlfahrer etwas erreichen kann, wie alle anderen auch. Es ist zwar oft schwieriger und man muss Umwege in Kauf nehmen aber es ist durchaus möglich.“
Wie geht eine Künstlerin mit Leib und Seele mit eingeschränkter Mobilität um?
Frau Jablonski ist Künstlerin mit Leib und Seele. Ein Leben ohne die Malerei ist ihr unvorstellbar. Damit sie möglichst eigenständig arbeiten kann, hat sie immer neue Ideen, wie sie mit Alltagsproblemen im Atelier zurechtkommt. Ideen, die sie gern auch anderen mitteilt.
„Wenn ich Gläser öffnen muss, dann stelle ich sie in eine schmale Kiste, damit ich sie nicht festhalten muss und meine stärkere Hand zum Drehen bzw. Öffnen des Deckels frei habe.“ Unumwunden meint sie, dass die Schraubverschlüsse „halt nicht so fest drauf geschraubt sein [dürfen], damit ich sie alleine wieder los bekomme.“
Seit kurzem widmet sich Annette Jablonski auch gegenständlicher Kunst. Durch ihre Spastik, ist es ihr zwar schwierig die Gegenstände festzuhalten bzw. zu bemalen, sie lässt sich jedoch nicht von ihrem Vorhaben abbringen. „Ich stelle [die Gegenstände] … in eine kleine Kiste, damit sie nicht umkippen und vom Tisch fallen, das ist mir nämlich auch schon passiert“ und lässt dann ihrer künstlerischen Seele freien Lauf.
„Ich muss beachten, dass alle Gegenstände in Reichweite und in greifbarer Höhe sind. Meine Kleidung und den Rollstuhl schütze ich mit einer Plastiktischdecke, die ich mir umbinden lasse bevor ich ins Atelier fahre. Mein Bügeleisen und meinen Heißluftföhn habe ich an einer Art Seilzug aufgehängt. Damit ich nicht das ganze Gewicht tragen muss und länger malen kann.“

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich wünschen?

„Wenn ich ehrlich bin gibt es 3 grundlegende Dinge, die ich mir wünschen würde. …:
Wenn ich keine Sprachbehinderung hätte, würde es mir leichter fallen, auf Menschen zu zugehen, meine Kunst und Interessen zu erklären, Freundschaften zu schließen. Gerade Menschen die mich nicht kennen, verstehen kaum was ich sage. Viele sind dann verwirrt, ängstlich oder können einfach nicht damit umgehen und es kommt kein ordentliches Gespräch zustande…
Das Nächste wäre, dass ich endlich keine Schmerzen in der Schulter mehr hätte. Weil mich das sehr einschränkt. Ich kenne mich selber noch ganz anders. Seit einiger Zeit brauche ich mehr Hilfe bei Pflege und Alltag, dass bin ich nicht gewohnt und ich habe Angst, dass es noch schlimmer wird im Laufe der Zeit und welche Konsequenzen daraus folgen. Ich muss mich immer entscheiden, ob ich malen möchte oder etwas anderes unternehmen will. Beides an einem Tag geht nicht, weil ich wegen der Schmerzen den Arm nur für einige Stunden belasten kann. Somit geht viel Spontanität verloren.
Als letztes wäre es toll, wenn ich mich unter Menschen nicht als ‚Alien‘ fühlen müsste. Man fühlt sich noch immer sehr oft seltsam, wenn alle komisch gucken. Viele habe wenig oder keinen Kontakt zu Behinderten. Die meisten können nicht damit umgehen, wenn  sie mit Behinderten zu tun haben. Viele denken wegen meiner sehr undeutlichen Aussprache, ich hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank.“
Offen bleibt: Steht die Künstlerin oder der Mensch mit Beeinträchtigung im Vordergrund? Was ist wichtiger? Entscheiden Sie selbst.
Annette Jablonskis Ideen, ihre Projekte und ihre Freude an der Kunst möchte sie mit anderen teilen. Bisher kann sie diesbezüglich mehrere Ausstellungen auf nationaler und internationaler Ebene nennen. Wer Interesse hat Frau Jablonskis Werk zu sehen, näher kennen zu lernen oder mit der Künstlerin zu sprechen, dem sei die die nächste Ausstellung empfohlen, die von 16. bis 20.März 2011 bei der Creativa Kunstmesse in Dortmund stattfindet.
(Quelle: Interview mit Frau Jablonski)
(von KI-I)