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Oliver Anthofer hatte 1987 einen Motarradunfall und danach Höhen und Tiefen erlebt. Er ist zum Spitzensportler avanciert und hat zahlreiche Medaillen bei den Paralympischen Spielen gewonnen. Wie hast Du nach Deinem Unfall die Kraft gefunden, Dich aufzurichten und all das zu erreichen?
“Ich war immer schon gerne in der Natur und auf den Bergen. Nach dem Unfall schlitterte ich in ein Tief. Ich dachte mein Leben sei nicht mehr lebenswert und wollte es beenden. Als ich nach Bad Häring kam, konnte ich durch Freunde und Bekannte im Reha-Zentrum die vielen Sportmöglichkeiten für Rollifahrer entdecken. Ich wollte nicht zuhause bleiben und mich dort einigeln, so habe ich mit dem Langlaufen begonnen. Dadurch kam ich wieder in die Natur und zumindest in den unteren Teil der Berge. Schnell stellten sich die ersten Erfolge im Langlauf ein. Durch den Sport und die Natur wurde mein Leben für mich wieder lebenswert.”
Die Lamsenjochhütte liegt in 1.953m Seehöhe am Fuße der Lamsenspitze im östlichen Karwendelgebirge in Tirol. Oliver Anthofer ist als erster Rolli-Fahrer mit dem Handbike über die Mountainbikestrecke auf die Lamsenjochhütte gefahren. Er hat dabei in 3,5 Stunden rund 950 Höhenmeter überwunden. Er erzählt von seiner „Erstbesteigung“ im Sommer 2009:
“Geplant habe ich die Tour schon vor 2 bis 3 Jahren. Durch Freunde bin ich damals an das Mountain-Handbike gekommen. Das Bike hat einen Differential-Hinterradantrieb, nur so ist eine Fahrt auf den steilen Schotterstraßen überhaupt möglich. Zuvor war ich schon am Kellerjoch und am Stanser Joch. Der Weg zur Lamsenjochhütte war dabei der Schwerste und Steilste. Bei meinem ersten Versuch zur Lamsenjochhütte zu gelangen, musste ich aufgrund einer gerissenen Kette leider umkehren. Beim 2. Versuch hat es dann geklappt.”
War das denn ganz alleine zu schaffen, oder hat manchmal jemand mithelfen oder anschieben müssen?
“Der Weg ist schotterig, steil und sehr schwierig. Viele Mountainbiker schieben ihr Bike auf manchen Streckenteilen. Ich habe ein paar Mal einige Anläufe gebraucht, habe es aber aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe bis zur Lamsenjochhütte hinauf geschafft. Wenn es ganz steil wurde, dann ist mir das Vorderrad aufgestiegen und ich musste mich mit dem Oberkörper weiter nach vorne beugen, um nicht zu kippen. Auf dem schotterigen Weg drehen die Räder oft durch, da muss man doppelt so schnell kurbeln. Durch diesen Untergrund und die Steigung kann man kein gleichmäßiges Tempo fahren.”
Ich bin beeindruckt, fahre ich doch selber mit dem Mountainbike und kenne somit die Sache mit dem Aufsteigen des Vorderrades und dem Durchdrehen der Räder auf instabilem Untergrund. Hast Du nie daran gedacht aufzugeben und einfach wieder hinunter zu fahren?
“Daran habe ich keinen Gedanken verschwendet. Es war mein Ziel, deswegen war ich da. Ich wusste für mich: ich muss da rauf – komme was da wolle. Ich schaffe es.”
Wie war das Gefühl als Du dann auf der Hütte angekommen bist?
“Sensationell! Die Leute haben mich schon von weitem kommen sehen, sie haben gesehen, da kommt kein Mountainbike, da kommt etwas anderes. Die letzte ½ Stunde war da nur mehr der Wille, der mich hinauf getrieben hat. Mit letzter Kraft habe ich die Hütte erreicht, es war ein pures Glücksgefühl. Oben war dann auch die Anstrengung vergessen. Bei einem Weizenbier konnte ich das tolle Panorama genießen.”
Dann der Gedanke an die Abfahrt, dass Bremsen muss doch höllisch sein da hinunter:
“Nein das ist nicht schlimm, ich habe links und rechts hydraulische Scheibenbremsen, mit denen funktioniert das ganz gut. Ich bin früher auch an die 100 km/h bergab gefahren, jetzt bin ich eher vorsichtig beim Hinunterfahren.”
Du bist ja ein Pionier in den Bergen mit dem Handbike. Warum war gerade das Dein großes Ziel – die Berge zu erklimmen?
“Durch das Langlaufen konnte ich wieder in die Berge, aber nur in den unteren Teil der Berge. Mit dem Handbike habe ich eine Möglichkeit gefunden auch den oberen Teil der Berge aus eigener Kraft zu erreichen. Es ist meine Liebe zu den Bergen, die mich antreibt.”
Aufgrund von Rückenproblemen hat sich Oliver Anthofer vom Spitzensport verabschiedet. Seine Frau Claudia ist seine Trainingspartnerin, sie fotografiert und filmt die Touren, auf denen sie ihren Mann begleitet.
“Meine Frau ist auch sehr sportlich, wir trainieren viel gemeinsam und das funktioniert super, ich bin mit dem Handbike bergauf ungefähr genauso schnell, wie meine Frau zu Fuß. Sie ist auch diejenige, die mich auf meinen Touren begleitet.”
Hast Du schon neue Pläne, die Du verwirklichen möchtest?
“Es gibt da den Hausberg von Innsbruck, den Patscherkofel, er ist 2.246 m hoch. Von Innsbruck führt eine Mountainbikestrecke hinauf. Der Patscherkofel ist mein nächstes Ziel, den werde ich 2010 in Angriff nehmen…
…und dann gibt es da noch meinen Traum vom Tourengehen für Rollifahrer. Auf einer harten Piste müsste es doch möglich sein im Winter Skitouren zu machen….”

Der Tiroler Oliver Anthofer ist mit dem Rolli ein Pionier der Berge, der mit einer unermesslichen Kraft und Energie seine Pläne und Ziele verwirklicht.
Ich wünsche Dir viel Erfolg für die nächsten Touren!! Öffnet einen externen Link in einem neuen FensterHier können Sie den Videoclip von der Tour zur Lamsenjochhütte ansehen.
(Oliver Anthofer im Gespräch mit Sonja Strohmaier, Fotos ©: privat)