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Am 7. April findet der jährliche Weltgesundheitstag der WHO statt. Gesundheit ist einer der wichtigsten persönlichen und gesellschaftlichen Werte. Dies gilt für Menschen quer durch alle Sozial- und Bildungsschichten – sollte man meinen. Viele Menschen mit Behinderung werden automatisch mit den Vorurteilen belegt, sie seien “dauerkrank und leidend”. Der junge Rollstuhlfahrer Patrick Legenstein will nun mit dieser Mär aufräumen.
“Für mich ist es normal, dass ich im Rollstuhl sitze. Ich bin damit aufgewachsen und habe kein Problem damit. Deshalb bin ich aber nicht krank! Krankheit ist für mich eine Grippe oder so etwas”, schildert Patrick Legenstein seine Situation.

Gesundheit – Selbständigkeit – Wohlbefinden

Für den deutsche Pflegepädagogen Reinhard Lay ist Gesundheit die zufriedenstellende Entfaltung von Selbständigkeit und Wohlbefinden in den Aktivitäten des Lebens. Eine Definition, die auf den 19jährigen Patrick genau zutrifft. Derzeit macht er eine Ausbildung zum Bürokaufmann, noch heuer möchte er mit einer Lehre beginnen. Seit Anfang dieses Jahres wohnt er in der Trainingswohnung Flosslend der Mosaik GmbH Graz, einer WG für junge Menschen mit Behinderung.
Der junge Steirer führt also ein Leben wie viele gleichaltrige Teenager. Trotzdem wird er – nur aufgrund der Tatsache, dass er einen Rollstuhl benutzt – immer wieder von Menschen für „krank“ gehalten. „Die meisten Leute reagieren zum Glück OK, aber manche schauen mitleidig. Das zipft mich an“, erzählt der angehende Bürokaufmann verärgert.

Verkannte Fähigkeiten

Oft wird bei solchen falschen Annahmen verkannt, dass Menschen mit Behinderung in der Lage sind, das Fehlen bestimmter Fähigkeiten zu kompensieren. “Und wenn ich einmal wirklich etwas nicht kann, gibt es Menschen, die mir dabei helfen. Das ist super!”, freut sich der Jugendliche.
Wir alle sind “Mängelwesen” – auch wenn uns die Medien ständig perfekte (mit Bildbearbeitungssoftware bearbeitete…) Menschen unter die Nase reiben. Wird dieses “Normmodell” unreflektiert übernommen, werden Menschen, die nicht dieser “Norm” entsprechen, ausgegrenzt und abgelehnt. Durch Stigmatisierung werden ihnen negative Vorurteile zugeschrieben, die unbegründet sind und nicht der Realität entsprechen.

"Der Perfektionswahn gehört durchbrochen!"

Ein Kreislauf, der schwer zu durchbrechen ist. Dies stellt auch Sigrid Rönfeld, die Betreuerin von Patrick in der Mosaik Trainingswohnung Flosslend immer wieder fest: “Im Alltag wird leider oft von den `Behinderten` und den `Normalen` oder `Gesunden` gesprochen. Ich wünsche mir, dass wir von Menschen mit und Menschen ohne Behinderung sprechen.”
Die größten Barrieren, die dabei überwunden werden müssen, befinden sich in unseren Köpfen. Statt permanent auf “Fehlersuche” zu gehen, sollte man vielmehr auf die Ressourcen und Möglichkeiten von Menschen mit Behinderung achten. Auch falsch interpretiertes Mitleid ist völlig fehl am Platz. “Wenn Leute Mitleid mit behinderten Menschen nur wegen ihrer Behinderung haben, dann ist mir das oft suspekt. Denn meistens steckt dahinter ein Gefühl der Überlegenheit und nicht der Gleichwertigkeit”, macht Sigrid Rönfeld deutlich.

Die Zeitgeschichte mahnt

Wie leicht solche Überlegenheitsgefühle ausarten können, beweist eines der beschämendsten Kapitel der Zeitgeschichte: Bei der im Zweiten Weltkrieg durchgeführten “Aktion T4” wurden mehr als 80.000 Menschen mit Behinderung und/oder psychischen Erkrankungen systematisch vernichtet, weitere 400.000 Menschen wurden zwangssterilisiert.
“Gerade vor diesem entsetzlichen Hintergrund ist es wichtig, dass falsche Vorurteile immer wieder öffentlich thematisiert werden”, so Patrick Legenstein und Sigrid Rönfeld unisono. Auch die Mosaik GmbH tritt dafür ein, dass Menschen mit Behinderung mit der gleichen Würde und dem gleichen Respekt wie Menschen ohne Behinderung behandelt werden.
“Nam vitiis nemo sine nascitur.” – “Kein Mensch wird ja ohne Fehler geboren.”
(Lateinische Weisheit)

(von Öffnet einen externen Link in einem neuen Fensterwww.mosaik-gmbh.at; Foto © Mosaik Triningswohnung Flosslend)