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(von PID-Rathauskorrespondenz, Quelle: APA-OTS)
Im Johann-Wilhelm-Klein-Haus der Österreichischen Blindenwohlfahrt in Wien-Penzing eröffnet am Montag die weltweit erste Pflegestation für demente blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen. Die neue Station bietet 25 Pflegeplätze, die speziell an die Bedürfnisse blinder und hochgradig sehbehinderter Menschen angepasst wurden. Die Stadt Wien förderte die Errichtung mit 50.000 Euro und unterstützt den laufenden Betrieb mit bis zu 1 Mio. Euro jährlich.
“Die Eröffnung dieser ersten Pflegestation für demente blinde Menschen zeigt einmal mehr, dass Wien Vorreiter im Bereich der individuellen Pflege und Betreuung alter Menschen ist. Damit das so bleibt und solche innovativen Projekte realisiert werden können, nehmen wir bewusst erhebliche finanzielle Mittel in die Hand. Denn der laufende Betrieb der Mehrzahl aller Pflegeplätze in Wien wäre ohne die Cofinanzierung seitens der Stadt für die privaten Betreiber nicht möglich”, so Mag. Renate Brauner, Gesundheits- und Sozialstadträtin.
Demenz macht auch vor blinden und sehbehinderten Menschen nicht Halt. “Für Menschen mit einem Seh-Handikap wiegt der Verlust der Leistungsfähigkeit des Gehirns doppelt schwer”, ist Mag. Konrad Widmann, der Direktor der Österreichischen Blindenwohlfahrt überzeugt, “Wir wollen gerade diesen Menschen mit Liebe und Zuwendung ein würdevolles Leben in unserem Haus anbieten”.

Wohnliche Atmosphäre für mehr Lebensqualität

In nur 6 Monaten Bauzeit wurde die neue Pflegestation den speziellen Bedürfnissen blinder und hochgradig sehbehinderter demenzerkrankter Menschen entsprechend umgebaut. “Schon der demenzkranke sehende Mensch hat eine beträchtlich schwierige Situation. Umso mehr müssen wir erkennen und verstehen, welche Probleme die Kombination von Sehverminderung und Demenz für die Betroffenen mit sich bringt”, so Oberarzt Dr. Georg Psota, Gerontopsychiatrisches Zentrum der Psychosozialen Dienste in Wien.
Die Zimmer strahlen eine wohnliche Atmosphäre aus und sind barrierefrei und blindengerecht ausgestattet. Ein Rundweg mit verschiedenen Erlebnis-Stationen verbindet die Zimmer und bietet ein belebendes Umfeld. Die Voliere mit zwei Wellensittichen, das Gehege mit Meerschweinchen, der Plätscherbrunnen und die vielen Blumen lassen die BewohnerInnen Natur hautnah erleben. Im gemütlichen, großzügig angelegten Wohnbereich ist ständige Kontakt- und Kommunikationsmöglichkeit gegeben, ein wichtiges Element in der Betreuung dementer Menschen. Die Wohnküche bietet Gelegenheit, einzelne Speisen gemeinsam mit den BewohnerInnen zuzubereiten und so das Gefühl des Gebraucht-Werdens zu vermitteln. Räumlichkeiten für Beschäftigungs- und Physiotherapie runden das Angebot ab. In den hell durchfluteten Gängen wurde versucht, durch starkes, aber blendfreies Licht Schattenbildung und Spiegelungen zu verhindern, da diese gerade in dementen hochgradig sehbehinderten Menschen Wahnbilder erzeugen und Angst machen können. Ein zentraler, modernst eingerichteter Pflegestützpunkt ist mit technischen Einrichtungen ausgestattet, um für die Sicherheit der BewohnerInnen zu sorgen. Herzstück des neuen Sanitärbereichs ist eine Pflegebadewanne mit Hebelifter und Einstiegstür.

Liebevolle Pflege und Betreuung

Schon vor Inbetriebnahme haben sich die MitarbeiterInnen und Mitarbeiter der neuen Station mit den besonderen Anforderungen der Pflege von blinden dementen Menschen auseinandergesetzt. Das Erlernte soll nunmehr den BewohnerInnen der neuen Demenzstation zugute kommen. Für jeden Bewohner wird ein individuelles Therapieprogramm erstellt, das verschiedene aktivierende und fördernde Erlebnis- und Therapiemöglichkeiten einschließt. Dabei müssen die verschiedenen Pflegemodelle, wie etwa Validation nach Naomi Feil, Demential Care Map nach Tom Kitwood oder das psychobiografische Pflegemodell nach Erwin Böhm der speziellen Situation blinder dementer Menschen angepasst werden. Durch individuelle, adäquate Pflege und Betreuung wird eine stabile Beziehung zwischen Pflege-Team und BewohnerInnen geschaffen, die Geborgenheit, Wertschätzung, Nähe und Vertrauen vermittelt.

Integriert in die Angebote des Johann-Wilhelm-Klein-Hauses

Im Betrieb der neuen Demenzstation wird bewusst eine Ghettoisierung vermieden. Den BewohnerInnen der neuen Demenzstation stehen alle Angebote der Österreichischen Blindenwohlfahrt wie der große Garten oder die zahlreichen Veranstaltungen im Hause offen. Je nach Gesundheitszustand der Bewohnerin bzw. des Bewohners werden solche Aktivitäten durch das Pflege-Team betreut und begleitet. “Wir sind stolz, international eine Vorreiter-Rolle in der Betreuung dementer blinder und hochgradig sehbehinderter Menschen einzunehmen und sind sicher, dass wir bereits in den nächsten Monaten volle Auslastung erreichen”, betont Mag. Konrad Widmann, Direktor der Österreichischen Blindenwohlfahrt.

Die Österreichische Blindenwohlfahrt

Seit 1825 stellt sich die Österreichische Blindenwohlfahrt in den Dienst blinder und sehbehinderter Menschen. Johann Wilhelm Klein – der Begründer der Blindenbildung im deutschen Sprachraum – errichtete damals das erste Blindenwohnheim in Wien-Josefstadt. Die Österreichische Blindenwohlfahrt war und ist seither bestrebt, zeitgemäße Angebote für blinde und sehbehinderte Menschen zu entwickeln und umzusetzen. Das Johann-Wilhelm-Klein-Haus in Wien-Penzing bietet blinden und sehbehinderten Menschen ein familiäres Zuhause – zeitlich begrenzt oder auf Dauer.