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Nur 56 Prozent der Menschen mit Behinderung sind in Österreich erwerbstätig. Sie profitieren nicht vom Wirtschaftsaufschwung

Im Zeitraum von 2007 bis 2017 ist die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung um fast 140 Prozent gestiegen und befindet sich gegenwärtig am höchsten Stand seit deren statistischer Erfassung. Diese Zahl gab der Österreichische Behindertenrat aus Anlass des morgigen “Tages der Arbeitslosen” bekannt. Der Arbeitsmarkt müsse zu einem inklusiven entwickelt werden, wird gefordert.
“Unser Ziel ist ein Arbeitsmarkt, der auch allen Menschen mit Behinderungen offen steht”, so der Präsident des Österreichischen Behindertenrats, Herbert Pichler, in einer Aussendung. “Dafür müssen die Gesetze im Sinne des menschenrechtsbasierten Ansatzes der Behindertenrechtskonvention modernisiert werden. Die Fähigkeiten der Menschen mit Behinderungen müssen im Mittelpunkt stehen.”

Mehr Arbeitslose

Die allgemeine Erwerbsquote lag demnach im Jahr 2018 bei 77,1 Prozent, während lediglich 55,9 Prozent der Menschen mit Behinderungen im erwerbsfähigen Alter erwerbstätig bzw. arbeitssuchend waren. Die Arbeitsmarktzahlen zeigten, dass Menschen mit Behinderungen nicht vom derzeitigen Wirtschaftsaufschwung profitieren. Während die allgemeine Arbeitslosigkeit sinkt, steigt sie unter Menschen mit Behinderungen seit Beginn des Jahres 2019 wieder.
Aus diesem Grund haben sich der Österreichische Behindertenrat, der Dachverband Selbstbestimmt Leben Österreich – SLIÖ, der Dachverband berufliche Integration Austria – dabei-austria, die Behindertenanwaltschaft und andere Behindertenorganisationen zusammengeschlossen und in einem gemeinsamen Prozess Vorschläge für einen inklusiven Arbeitsmarkt erarbeitet. Diese Vorschläge zielen darauf ab, allen Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit zu geben, zu arbeiten und damit Erwerbseinkommen zu erzielen bzw. Pensionsansprüche zu erwerben.

Nationaler Aktionsplan

Insbesondere im Hinblick darauf, dass demnächst der Startschuss für die Erstellung des Nationalen Aktionsplans Behinderung (NAP) 2021 bis 2030 fällt, sollen diese Vorschläge den politischen Entscheidungsträger als Orientierung für die Erstellung des NAP dienen, dessen Ziel die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sein muss.
“Der neue Nationale Aktionsplan Behinderung eröffnet die Möglichkeit zu einer strategischen Neuausrichtung im Sinne einer nachhaltigen Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt. Nicht nur aus menschenrechtlichen Erwägungen wäre es geradezu fahrlässig, wenn diese Chance ungenutzt bliebe”, so Behindertenanwalt Hansjörg Hofer.
“Jugendlichen mit Behinderungen wird viel zu oft schon direkt nach der Schule Arbeitsunfähigkeit attestiert. Damit bleibt diesen Jugendlichen Unterstützung vom AMS und den NEBA Angeboten verwehrt. Wir fordern, eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Jugendlichen nicht mehr durchzuführen”, betont Markus Neuherz vom dabei-austria. “Vielmehr müssen Ausbildungsangebote geschaffen werden, die es auch Jugendlichen mit komplexem Unterstützungsbedarf ermöglichen, eine Ausbildung zu absolvieren.” 

(Quelle: derstandard.at)