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Im Alter von dreieinhalb Jahren wurde bei Martin Huemer ein Autismus diagnostiziert

Der Akku ist voll, das Wasser eingefüllt und der Sammelbehälter ausgeleert. Nun kann Martin Huemer aus Alberndorf bei Gallneukirchen loslegen. Der 24-Jährige setzt sich auf die Kehrmaschine und reinigt das Areal der Linzer Tabakfabrik. „Diese Tätigkeit mache ich am liebsten“, sagt Huemer, „man muss beim Fahren mit der Kehrmaschine aber sehr gut aufpassen, besonders auf die geparkten Autos.“ Völlig selbstständig kann Martin allerdings nicht arbeiten, da bei ihm im Alter von dreieinhalb Jahren ein Autismus-Spektrum diagnostiziert wurde. Autismus sei eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, sagt der Leiter des Fachbereichs Psychologie im Diakoniewerk Oberösterreich, Christian Ortner: „Die verschiedenen Ausprägungen sind in Spektren angegeben. Hauptsächlich haben Personen mit Autismus-Spektrum-Störung Probleme in der sozialen Interaktion, ebenso könnte eine Beeinträchtigung der Sprache und Kommunikation vorliegen.“ Ein Atypisches-Autismus-Spektrum, wie im Falle von Huemer liege dann vor, wenn die  Diagnosekriterien des Autismus-Spektrums nicht vollständig erfüllt seien oder sich die ersten Auffälligkeiten erst nach dem dritten Lebensjahr beobachten lassen. Huemer wird in der Tabakfabrik von der Sozialpädagogin Sandra Schaubmayr betreut.

Integrative Beschäftigung

„Zu Beginn unserer Zusammenarbeit bedurfte es noch sehr viel Kontrolle und Anleitung“, erinnert sich die Sozialpädagogin, „ich merke aber, dass er nun schon viel selbstständiger geworden ist und seine Aufgaben alleine erledigen will.“ Neben den Reinigungsarbeiten ist Huemer auch bei der Vorbereitung von Veranstaltungen tätig. „Die Sessel und Bühnenelemente müssen aufgestellt und wieder weggeräumt werden. Ich halte auch die Künstlergarderobe in Schuss.“ Bereits seit vier Jahren ist der Alberndorfer im Facility Management der Linzer Tabakfabrik tätig. Aufgrund seines Atypischen-Autismus-Spektrums war es für ihn schwer, eine geeignete Beschäftigung zu bekommen. Durch die Unterstützung des Diakoniewerks Oberösterreich bekam Huemer eine integrative Beschäftigung und konnte dadurch dauerhaft in die Arbeitswelt eintreten. Nach vielen Therapiephasen und dem Besuch von Integrationskindergarten und Schulen fand Martin den Weg in die Arbeitswelt. Heute gebe es kaum noch Anzeichen eines Autismus-Spektrums, sagt Huemers Mutter Margit. Er interessierte sich für seine Umwelt, frage oft wie es seinen Arbeitskollegen gehe und überrasche sie an Geburtstagtagen mit selbstgezeichneten Porträts, sagt Schaubmayr. Der 24-Jährige verfüge auch über eine sehr gute Orientierung und könne sich Namens bestens merken, auch über Jahre. Zudem ermögliche es sein fotografisches Gedächtnis, sich Wege bestens einzuprägen. Sein Streben nach Selbstständigkeit sei ein großer Erfolg. Schaubmayr ist davon überzeugt, dass Betriebe von Mitarbeitern mit Beeinträchtigung profitieren könnten. Es gebe zum Beispiel in Büros, Großküchen oder im Facility Management jede Menge Nischentätigkeiten. „Die Voraussetzung dafür sind Offenheit, gesellschaftliches Engagement und die Grundhaltung, dass jeder Mensch verschiedene Fähigkeiten hat.“

„Personal nicht einsparen“

Dank optimaler Therapie und integrativer Beschäftigung stehe Martins Beeinträchtigung nicht mehr im Vordergrund, da sie sich im Laufe der Zeit zum Positiven verändert habe, sagt Mutter Margit „Der Weg dorthin ist für Martin und unserer Familie allerdings einsteiniger gewesen,“ Die Mutter hofft, dass zukünftig beim Therapie- und Pflegepersonal nicht eingespart wird. Um Therapie-Erfolg zu haben, müsse die Möglichkeit einer optimalen Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Therapeuten und Eltern gegeben sein. „Wenn ein Glied wegfällt, ist der Kreis nicht mehr geschlossen“, sagt Mutter Margit, die stets auf ihre Familie bauen konnte. Nun ist auch noch Martins Nichte Celin hinzugekommen.
(Quelle: OÖNachrichten)