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(von Öffnet einen externen Link in einem neuen FensterB&K Bettschart & Kofler; Quelle: APA-OTS)

Neu zugelassenes Medikament mit überragender Wirksamkeit reduziert deutlich Krankheitsschübe und Behinderung, und verbesssert die Lebensqualität.

“Natalizumab¹ ist der erste rekombinante humanisierte monoklonale Antikörper, der zur Therapie der schubförmigen Multiplen Sklerose (MS) zugelassen wurde und auf mehrfache und bekannte Weise in immunologische Vorgänge eingreift, die den Krankheitsprozess beeinflussen. Es handelt sich dabei um einen Antikörper der Therapieklasse der Selektiven Adhäsionsmoleküle (SAM)-Inhibitoren”, erklärt Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas, Leiter der Klinischen Abteilung für Allgemeine Neurologie der Medizinischen Universität Graz, auf einer Pressekonferenz in Wien anlässlich der Zulassung von Natalizumab in Österreich.
Die Wirksamkeit von Natalizumab ist beeindruckend: In der AFFIRM² Studie mit 942 PatientInnen (99 Prüfzentren, Beobachtungszeitraum 2 Jahre), berichtet Prof. Fazekas, “zeigte sich in der Natalizumab-Gruppe eine 68-prozentige Reduktion der Schubrate über 2 Jahre.” Demgegenüber wurde  in den Zulassungsstudien der bisher verfügbaren immunmodulatorischen Therapeutika eine Schubratenreduktion über 2 Jahre von etwa 30 Prozent beobachtet.
Natalizumab führte parallel dazu über 2 Jahre auch zu einer 83-prozentigen Reduktion der Anzahl neuer bzw. sich neu vergrößernder T2-hyperintenser Läsionen (Schädigungen) in der Magnetresonanz-Tomografie des Gehirns. Ebenso gab es in der Natalizumab-Gruppe sowohl nach einem als auch nach 2 Jahren um 92 Prozent weniger so genannter Gadolinium-aufnehmende Läsionen als unter Plazebo.
Darüber hinaus zeigte sich unter Natalizumab eine 54prozentige relative Reduktion der über 24 Wochen anhaltenden Behinderungsprogression, und eine 42-prozentige relative Reduktion der über 12 Wochen anhaltenden Behinderungsprogression über 2 Jahre. Prof. Fazekas: “Die kumulative Krankheitsprogression betrug nämlich nur 17 Prozent in der Natalizumab-Gruppe gegenüber 29 Prozent in der Plazebo-Gruppe. Werden alle bei der Studie verwendeten Messgrößen zusammengelegt, kann ein Drittel der mit Natalizumab therapierten PatientInnen bei Studienende nach 2 Jahren als `frei von Krankheitsaktivität` bezeichnet werden.”

Wirkungsweise und Wirksamkeit deckt Bedarf nach innovativen, besser wirksamen Präparaten

Eine wesentliche Voraussetzung für das Entstehen von MS-Läsionen ist das Wandern aktivierter T-Lymphozyten (weiße Blutkörperchen) durch die Gefäßwand  in das Zentrale Nervensystem (ZNS). Vereinfacht dargestellt, blockiert Natalizumab spezifisch gewisse Prozesse und verhindert dadurch einen wesentlichen und initialen Prozess der “immunpathogenetischen” Kaskade der MS. Ein weiterer, darüber hinaus gehender Wirkungsmechanismus von Natalizumab liegt möglicherweise in der Unterdrückung von bereits bestehenden entzündlichen Reaktionen im erkrankten Gehirn und Rückenmark.
Die innovative Substanz Natalizumab stellt dabei einen wesentlichen Fortschritt in der MS-Therapie dar. “Der derzeitigen Behandlung der MS sind leider Grenzen gesetzt, da viele MS-PatientInnen auf die Therapien nicht ausreichend ansprechen”, erklärt Univ.-Prof. Dr. Karl Vass, Wiener Univ.-Klinik für Neurologie. Diese Patienten haben trotz einer Basistherapie mit Interferon beta oder Glatiramer Acetat weitere Erkrankungsschübe, und die Behinderungsprogression im Sinne von relevanten neurologischen Funktionsstörungen schreitet fort. “Daher besteht insbesondere bei jenen MS-PatientInnen mit rasch fortschreitender schubförmiger Multipler Sklerose, die eine hohe Krankheitsaktivität aufweisen, großer Bedarf nach weiteren, besser wirksamen Präparaten.”

Bessere Wirksamkeit, bessere Lebensqualität, bessere Therapie-Treue

Aus der Sicht vieler PatientInnen, die von unzureichender Wirksamkeit und/oder Nebenwirkungen ihrer MS-Medikamente betroffen sind, und/oder die regelmäßige Konfrontation und das dauerhafte Sich-Befassen-Müssen mit Ihrer MS durch die häufigen regelmäßigen Injektionen als zusätzlich belastend empfinden, ist die innovative Behandlungsoption Natalizumab eine ausgesprochen wünschenswerte Alternative, betont Univ.-Prof. Dr. Siegrid Strasser-Fuchs, Leiterin der Allgemeinen Ambulanz der Grazer Univ.-Klinik für Neurologie. Nicht zuletzt deshalb, weil Natalizumab nur ein Mal pro vier Wochen unter ärztlicher Aufsicht per Infusion gegeben wird.
Diese Behandlungsoption, so Prof. Strasser-Fuchs, “stellt eine wesentliche Verbesserung der Situation von MS-PatientInnen dar, und lässt sowohl im Hinblick auf die Lebensqualität als auch auf die Therapie-Compliance, und vor allem auf die Wirksamkeit deutliche Vorteile erwarten.”

ExpertInnen-Statement soll optimalen Einsatz sicher stellen

“Von 15 österreichischen MS-ExpertInnen wurde vor der Zulassung von Natalizumab ein Statement erarbeitet, es beinhaltet Informationen zum Präparat, zur Indikation, zu Verordnungsmodalitäten, zum Behandlungsablauf und zum Safety Management”, berichtet Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, Univ.-Klinik für Neurologie, Innsbruck. Gemäß Expertenstatement muss – in Anlehnung an die derzeit zugelassenen immunmodulatorischen Therapien zur Behandlung der MS – auch bei Natalizumab die Diagnosestellung, Verordnung, umfassende Aufklärung, Einstellung, Therapiekontrolle und Dokumentation durch ein MS-Zentrum erfolgen. Prof. Berger: “Durch die MS-Experten der MS-Zentren, so wie sie von der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie definiert wurden, ist ein kontrollierter und qualitätsgesicherter Einsatz der innovativen Substanz Natalizumab gewährleistet.”
Ein weiterer Schritt in Richtung Qualitätssicherung ist – in Ergänzung zur Fachinformation sowie dem Experten-Statement – dass den MS-Experten, die Natalizumab verordnen, eine umfassende Ärzte-Information zu diesem Produkt zur Verfügung gestellt wird, die insbesondere auf die Observanz, das rechtzeitige Erkennen, und ggf. diagnostische und therapeutische Konsequenzen in Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen ausgerichtet ist. Prof. Berger: “Mit Hilfe des Expertenstatements sowie einem umfangreichen Informationspaket für Ärzte und Patienten wird ein wichtiger Beitrag im Sinne einer Qualitätskontrolle der Therapie geleistet, der sicherstellt, dass jene MS-PatientInnen, die derzeit keine Therapieoption haben, mit diesem innovativen Präparat behandelt werden können.”

8.000 MS-PatientInnen in Österreich, zwei Drittel Frauen, viele junge Erwachsene betroffen

“Die MS ist die häufigste entzündliche neurologische Erkrankung, welche im täglichen Leben zu wesentlichen Einschränkungen führen kann”, so Prim. Dr. Ulf Baumhackl, Leiter der Abteilung für Neurologie, Landesklinikum St. Pölten, Präsident der MS-Gesellschaft NÖ. “In Österreich gibt es über 8.000 an MS Erkrankte, mehr als zwei Drittel davon sind Frauen.” Der Erkrankungsbeginn der MS ist meist im jungen Erwachsenenalter, manchmal auch schon bei Kindern und Jugendlichen. Der individuelle Verlauf ist höchst unterschiedlich. Die Ungewissheit des Krankheitsverlaufes und die unsichere Prognose stellen eine besondere Belastung für die Betroffenen und Angehörigen dar.
“Die MS ist eine Autoimmunerkrankung, das Immunsystem reagiert gegen die körpereigene Hüllstruktur der Nervenbahnen, das Myelin”, erklärt Prim. Baumhackl. “Die Krankheit beginnt in etwa 90 Prozent in Form eines Erkrankungsschubes, darunter versteht man subakut auftretende neurologische Symptome wie Sehstörungen, Gefühlsstörungen, Gleichgewichtsstörungen, eine Schwäche der Beine oder einer Körperhälfte. Ein wichtiges Symptom ist die manchmal sehr stark ausgeprägte Müdigkeit.” Je nach der Lokalisation der Läsionen in Gehirn und Rückenmark treten unterschiedliche neurologische Symptome auf. Die genaue Ursache der Erkrankung ist noch nicht geklärt, genetische- und Umweltfaktoren spielen eine wichtige Rolle.
“In Österreich hat sich das System der MS-Zentren sehr bewährt”, sagt Prim. Baumhackl. “In den Spezialambulanzen neurologischer Abteilungen / Praxen besteht die Möglichkeit, die Diagnose früh zu stellen, andere Krankheitsbilder abzugrenzen und eine gezielte Therapie zu veranlassen.”

                                                                                                                                        
¹ Für Fachmedien: Tysabri(R)
² NAtalizumab Safety and EFFIcacy in Relapsing Remitting-MS